Über die Grenze denken

Ganze Stadtteile zu entwickeln geht nur gemeinsam. Und es darf nicht alles zu perfekt sein, meint Bernhard Ölz, Vorstand der Prisma Unternehmensgruppe.

Hat sich die Stadtentwicklung mit dem Trend, ganze Quartiere zu entwickeln, verändert?
Es macht natürlich Sinn, Entwicklungen über Grundstücksgrenzen hinweg zu denken, zu Quartiers- oder Stadtteilbetrachtungen zu kommen. Damit ist auch klar, dass es die verantwortungsvolle Einbindung aller Beteiligten braucht. Der angesprochene Trend zu Quartiersentwicklungen hat die Komplexität in der Gestaltung des öffentlichen und privaten Raums sowie der Gebäude und einer funktionierenden Nutzungsvielfalt erhöht. Wesentlich ist, dass nicht alles perfektioniert wird, auch Freiräume für die Menschen und deren ­Kreativität bleiben. Diese Entwicklung erfordert ­natürlich eine intensivere Zusammenarbeit und Auseinandersetzung in den Entwicklungs- und Umsetzungsprozessen. Die gesellschaftliche Verantwortung ist für alle Beteiligten höher geworden.

Sie entwickeln in unterschiedlichen Ländern. Worin unterscheiden sich große und kleinere Kommunen, deutsche, österreichische …?
Die Unterschiede liegen, glaube ich, weniger in den Größen der Kommunen oder den geringfügig unterschiedlichen Voraussetzungen in Deutschland und Österreich. Stadtentwicklung mit dem Hintergrund der zunehmenden Urbanisierung, Verdichtung in Städten, Gemeinden und Dörfern, Leistbarkeit im Wohnbau, den aktuellen gesellschaftlichen, kulturellen und ökologischen Anforderungen, den Mobilitätsansprüchen, der rasant fortschreitenden Digitalisierung in allen Lebensbereichen und der Verdrängung und Verlagerung der industriellen Produktion erfordert immer standortbezogene Prozesse und Modelle. Private Entwickler und Investoren sind daher nach unserer Erfahrung immer wichtige Partner. Wir sehen das an eigenen Beispielen wie dem messecarree Wien, dem STADTWERK in Salzburg oder einer Dorf­zentrumsentwicklung Egg-Großdorf im Bregenzerwald.

Reagieren Sie bereits auf Trends wie Industrie 4.0 oder City-Logistik? Integrieren Sie Flächen für diese Nutzung in Ihre Projekte?
Wir glauben, dass die Digitalisierung keinen Halt vor dem Raum macht. Das ist Herausforderung und Chance zugleich. Die Menschen wollen wieder mehr Treffpunkte und Marktplätze der neuen Generation. Mit den Trendbegriffen Industrie 4.0 oder Lebensraum 4.0 wird diese Entwicklung gut sichtbar gemacht. Wir setzen im digitalen Bereich Themenschwerpunkte im Rahmen unserer Plattformen und Initiativen.

Schon fast alles ist geprüft und nachhaltig heute. Macht es überhaupt Sinn, ein ganzes Quartier zu zertifizieren?
Hier steht bei uns vor allem die soziale Komponente, der Mensch, im Vordergrund, die Flut an Zertifizierungsmöglichkeiten überfordert und verunsichert zugleich.

 

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