Magische 7 – Bloß nicht normal!
Ein Grundstück kaufen und darauf einen weißen Kasten als Wohnbau zu stellen ist keine Kunst, sondern Alltag für Projektentwickler. Spannender sind Projekte, die nicht nach dem gewöhnlichen Schema ablaufen. Hier ein paar vorbildliche Ideen.
1. Haus ohne Schatten
Weder monolithische Wohnblöcke noch Einfamilienhäuser mit Garten und Zaun wollte Ole Scheeren planen. Der Entwurf des deutschen Architekten fürs Zusammenleben sieht ein vertikales Dorf vor, das horizontal verbunden ist. 31 Apartment-Blocks, jeweils sechs Stock hoch, gruppieren sich um innenhofartige Plätze. „Verflochten“, so nennt sich das Projekt auch, bloß halt auf Englisch („The Interlace“), weil es in Singapur stehen wird. Das Projekt hat übrigens den weltweiten „Urban Habitat Award“ gewonnen.
2. Verschachtelt
Seegras, Holzfasern, Kork oder Schilfrohr sind ja allseits bekannte natürliche Dämmstoffe. Darf es zur Abwechslung aber auch mal ein bisschen Schaf sein? Einsetzbar ist Schafwolle als Dämmschutz beim Hausbau nämlich so gut wie überall: Von den Wänden über die Decke zum Dach bis hin zur Außenfassade. Auch für die Dämmung von Kühl-, Klima- und Lüftungsanlagen, ob gegen Wärme oder Schall, ist Schafwolle bestens geeignet. Wem das dann aber doch ein bisschen zu viel Schaf in unmittelbarer Nähe ist, wird sich in Neuseeland und neuerdings auch in Deutschland und der Schweiz wohler fühlen, denn in diesen Ländern werden zur Festigung des Gewebes Polyesterfasern beigemischt. Zwar hat sich diese Dämmweise inzwischen auch in Mitteleuropa etabliert, dennoch liegt der Marktanteil im Dämmstoffmarkt unter 0,5 Prozent und wird aufgrund der doch – im Vergleich zu anderen natürlichen Dämmstoffen – relativ hohen Kosten und der sehr großen Konkurrenz der Textilbranche wohl auch zukünftig kaum 1 Prozent übersteigen.
3. Ganzes EKZ als Pop-Up
Pop-up-Shops kennt man ja mittlerweile, aber das gab’s noch nie: In Stuttgart hat gleich ein ganzes Einkaufszentrum als temporäres Objekt aufgemacht. Tja, Schönheitspreis gewinnt die innerstädtische Calwer-Passage sicher keinen, um dem dennoch denkmalgeschützten Objekt ein bisschen neues Leben einzuhauchen, wurde ein Interims-Shoppingcenter aufgemacht, vor allem mit kleinteiligen Flächen. Weil’s so gut lief, hat man das Fluxus nach drei Monaten (im Jänner 2015) nicht wieder zugesperrt – so lautete der Plan nämlich ursprünglich. Mindestens bis Ende dieses Jahres wird hier noch eifrig verkauft, und zwar hauptsächlich von regionalen Händlern, Kreativfirmen und von der Gastronomie. Die Besucher reizt offensichtlich, dass sie hier nicht die standardisierte Shopping Mall mit den immer gleichen Marken vorfinden. Und für die Geschäftsleute ist es eine gute Möglichkeit, zum Beispiel neue Gastrokonzepte oder die neu entworfene Kleiderkollektion zu testen. www.facebook.com/fluxusstgt
4. Österreicher in China
Eine Sportstätte halt. Naja, nicht nur. Eine, die vom österreichischen Architekturbüro Wolf Reicht Architects auf der chinesischen Insel Changxing geplant wurde und vor allem eine clevere Multimediafassade hat. Der Steirer Wolfgang Reicht war lange Zeit bei Coop Himmelb(l)au für das China-Geschäft zuständig, 2010 machte er schließlich sein eigenes Architekturbüro auf. Die Beziehungen zu China blieben, und so ist er einer der wenigen österreichischen Architekten, die von dem Bauboom des Landes profitieren. Wie zum Beispiel auf Changxing – einer Insel, die derzeit 30.000 Bewohner zählt. Der Plan der chinesischen Regierung sieht aber vor, dass innerhalb von zwei Jahren eine Million Menschen in Changxing leben.
Firmen siedeln sich an, Menschen ziehen hin und brauchen – das ist der chinesischen Regierung wichtig – als Identifikationsbau ein Sportstadion. Den Wettbewerb für die 10.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche hat Wolfgang Reicht gewonnen (wie auch den für ein Museum, das aber erst nach dem Stadion gebaut werden soll). „In China kann man mit Know-how punkten“, erzählt Reicht der Immobilienwirtschaft, denn in jedem Fall werden hocheffiziente Gebäude gewünscht. Clever gelöst hat Reichts Büro die Mulitimediafassade: „Wir haben in Kooperation mit Studio Okular die einzelnen Multimedia-Punkte auf 1,2 Meter Durchmesser vergrößert. Damit erreichen wir mit einem geringen Energieaufwand einen hohen Effekt.“
5. Das Ende des Klassenzimmers
Mit der Schule ist das so eine Sache. Wenn ein Gebäude ein Abbild einer Organisation oder von Prozessen sein soll, was muss man dann bei der österreichischen Bildungspolitik hinbauen? Die Architekten fasch&fuchs haben sich jedenfalls bei der Planung des bereits fertiggestellten Schul- und Kulturzentrums Feldkirchen nicht ablenken lassen und konsequent in Funktionen gedacht. „Was die schulische Begleitung von Kindern und Jugendlichen heute erfordert, ist in der räumlichen Begrenztheit eines Klassenzimmers nicht mehr zu bewältigen“, schreiben sie in einer Broschüre über das Projekt. Das Klassenzimmer der Grundschule, wie wir es kennen, löst sich daher in einer Fläche auf, die offen und durchlässig zu den anderen Lernflächen mit Glas getrennt werden kann. Viel wichtiger sind die anderen dazugehörenden Räume – für offene Lernsituationen wie Sesselkreise oder in Werkstätten, Bibliotheken oder Baustein-Umgebung. Die vielen räumlichen Möglichkeiten sollen auch das individuelle Lernen fördern. Für klassenübergreifenden Projektunterricht kann die ganze Schule zu einem Lernlabor umgestaltet werden. Das sehenswerte Objekt in Oberösterreich dient damit nicht nur weiteren Schulen als Vorbild, sondern könnte auch Anregung für flexible Büroraumgestaltung sein.
6. Konsequentes KinderKonzept
Ach, wie viele Hotels versprechen, dass sie kinderfreundlich seien! Und dann gibt es halt irgendwo in einem Abstellkammerl ein paar ausgefranste Spiele, bei denen die Hälfte fehlt. Und dann gibt es solche wie das Kinderhotel Oberjoch im Allgäu. Die nehmen Kinder nicht nur ernst (und bieten alles Mögliche und Unmögliche für sie), sondern hier wurde auch schon bei der Zimmergestaltung mitgedacht. Attraktionen zum Spielen statt Quadratmeteroptimierung – das macht Spaß. Und entspannt die Eltern.
7. Skypool
Pools sind ja prädestiniert dafür, möglichst speziell zu sein. Eines der ungewöhnlichsten hat die Immobiliengruppe Ballymore in London geplant, es soll in luftiger Höhe die Dachterrassen zweier Objekte verbinden. 25 Meter lang und 3 Meter tief soll das transparente Becken werden. Geplante Fertigstellung: nächster Sommer, rechtzeitig zur Badesaison.
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