Treffen sich zwei Immobilien

Ich fühl mich so leer.
_ Du hast’s gut, du hast keine Nutzer. Weißt du, wie die einem im Magen liegen? Sei froh, dass du nicht in Betrieb bist, was du dir da ersparst! Obwohl ich gerade erst fertiggestellt wurde, operieren sie mich die ganze Zeit. Eine Rolltreppe haben sie mir jetzt eingebaut – als ob sie das nicht früher hätten wissen können. Und dann kommt wieder diese Reinigungsfirma und wischt herum.
Trotzdem, ich will auch betrieben werden!
_ Da weißt du nie, was auf dich zukommt …
Mein Traum wäre, dass von Anfang an klar wäre, was mit mir gemacht wird!
_ Wie soll das gehen?
Naja, wenn sie schon bei der Planung oder der Idee festlegen, welche Qualitäten ein Gebäude haben soll. Vorher schon, verstehst du? Nicht erst dann, wenn wir schon fertig in der Gegend herumstehen. Das ist ein ganzheitlicher Ansatz, integrale Planung nennt es der Professor Achammer von ATP, andere sagen wieder anders dazu.
_ Vorher schon an nachher denken …
Genau. Heute weiß eh schon jeder, dass in der Planungsphase die späteren Kosten festgelegt werden und dass die Planung und Errichtung gerade mal 10 bis 20 Prozent der gesamten Lebenszykluskosten eines Gebäudes ausmachen. Wenn ich also ein bissl mehr Zeit und Geld am Anfang reinpulvere, spar ich mir nachher viel.
_ Bei mir ist das so: Die haben genau festgelegt, wann ich gewartet werden muss, also wann meine Heizung kontrolliert werden muss, wann die Auf­züge etc. Da hab ich einen fixen Plan.
So ein Blödsinn! Du gehst ja auch nicht an jedem Dienstag zum Arzt, einfach so. Es soll nicht 1 Stück Wartung und 1 Stück Überprüfung bestellt ­werden, sondern genau die Qualität, die in der Planung definiert wurde. Ob dafür 1 Stück Wartung oder 12 Stück erforderlich sind, ist dabei „Problem“ oder „Kompetenz“ des Betriebsführers, aber sicher nicht die des Investors oder Nutzers. Musst du den Mikis Waschl von CAFM Engineering fragen, der fordert eine Output-orientierte ­Ausschreibung des Gebäudebetriebs. Der sagt Folgendes: ­Würde Facility Managern die Expertise abverlangt werden, selbst zu planen, wie viele Wartungen man braucht, um ein Qualitätsziel, das seit der Planung existiert – zum Beispiel eine vorgegebene/ausgeschriebene Luftqualität –, zu erreichen, dann würde Facility Management wirklich zu einer Managementdisziplin, und sie würde sich vom Hausmeistertum bzw. Gebäudemanagement emanzipieren.
_ Mir wurscht, wie die das nennen. Ist ja so und so ein Witz, da sagen sie, ich brauch weniger Energie – so war das geplant – und dann komm ich mir erst vor wie ein Junkie in der U-Bahn-Station. Geplant war ich als Niedrigenergiehaus. Kaum geh ich in Betrieb, saug ich aber fast doppelt so viel Energie. Aber dazu gibt es ohnehin einen eigenen Artikel (rechte Seite). Und dann trockne ich aus, gerade jetzt, wo sie alle heizen wie wild. Florawalls haben sie mir reingestellt, weil sich die Nutzer wegen der trockenen Luft beschwert haben. Tut ganz gut, sind so begrünte Innenwände mit echten Pflanzen, das ist Yoga für meine Lungen. Und das Beste, das muss ich dir noch erzählen, das Beste ist, wie sie das gemessen haben, die Nutzer. Thermokon, das ist eine österreichische Firma, hat ein desserttellergroßes Messgerät ent­wickelt, das können die Nutzer einfach irgendwo aufstellen und es misst Temperatur, Feuchtigkeit, CO2 und das ganze Zeugs und funkt die Daten einfach an eine App. Kannst also übers iPad die Ver­läufe anschauen. Das war irre! Die sind mit dem dann zu ihren Chefs gelaufen und haben sich beschwert. Weil in Wahrheit ist ja in fast allen Gebäuden die Luftfeuchtigkeit zu niedrig.
Schefflera und Drachenbaum!
_ Was?
Das sind Pflanzen, die bei einer Untersuchung, ich glaub von Bellaflora und meineraumluft.at, eingesetzt wurden. In einer Schulklasse. Sie sollen vor allem Schadstoffe aufnehmen, die aus Vorhängen, Spanplatten oder Ähnlichem ausgasen.
_ Und, hat’s was gebracht?
Logisch, sonst hätten sie die Studie wohl nicht veröffentlicht. Da fällt mir übrigens auch noch der Gerhard Seidl vom Kunsthistorischen Museum ein. Die müssen jeden Stoff, jedes Material, einfach alles, was sie in den Räumen des Museums verwenden oder einbauen, zuerst testen, damit ja kein Kunstwerk zu Schaden kommt.
_ Auch nicht schlecht, so ein Museum müsste man sein. Die haben auch ein fein gleichbleibendes Klima …
Ach (seufzt), und die haben Besucher. Irgendwelche Mieter, ich will nicht mehr leer stehen, ich will einen Lebenszyklusabschnittspartner. Irgendwen, auch wenn sie sich über die Raumluft oder sonst was beschweren.
_ Wobei, das ist eh eine Ausnahme. Normaler­weise sind die Nutzer jedem wurscht. Maximal der Häuptling von denen, der mit dem Eigentümer den Mietervertrag aushandelt, darf was melden.
Da hab ich anderes gehört. Kennst du den ­Westbahnhof?
_ Klar.
Man kann ja viel über die ÖBB sagen, aber da braucht keiner schimpfen. Die befragen da jedes Monat die Passanten, die im Bahnhof rumrennen, ob sie zufrieden sind. Die ÖBB! Und die Ergebnisse fließen dann sogar als Feedback in die Hausver­waltung oder auch in den Einkauf ein. Da wird dann zum Beispiel eine Tür, die regelmäßig klemmt, das nächste Mal nicht mehr gekauft.
_ Mei, der Westbahnhof hat’s gut. Die ÖBB nutzt ihre Immobilien halt selber, ich gehöre einem Fonds, da bin ich bloß eine Nummer.
Jessas! Feueralarm. Du, ich muss. Ist zwar eh wieder nur eine Probe und keiner rennt runter, aber wir müssen halt alle so tun, als ob wir die Auflagen erfüllen. Tschü, und viel Glück bei der Nutzersuche!

Der falsche Betrieb kann die besten Häuser in eine Schieflage bringen.

Der falsche Betrieb kann die besten Häuser in eine Schieflage bringen.

Gut geplant, schlecht betrieben

Die Inbetriebnahme ist jener Abschnitt bei der Gebäudeentwicklung, wo oft aus einer energieeffizient geplanten bzw. gebauten Immobilie ein ineffizient betriebenes Gebäude wird. Ein neuer Prozess soll das vermeiden.

Gemeinhin denkt man: Ein Herr Bauherr beauftragt ein Gebäude, der Herr Planer entwirft es, ein Herr Errichter baut es und schließlich betreibt es der Herr Facility Management. Und schon steht am Ende ein energieeffizientes Gebäude mit niedrigen Energiekosten da. Im besten Fall ist das Herr übrigens durch Frau zu ersetzen, in der Bau- und Immobilienwirtschaft ist das allerdings nach wie vor sehr selten der Fall. Und überhaupt sieht die Realität ganz anders aus. Überall zwischen den vielen Schnittstellen vom Bauherrn über Planung bis zum Betrieb gehen ­wichtige Informationen verloren oder sie sind so aufbereitet, dass der darauf­folgende Vertragspartner seine eigenen Interpretationen daraus entwickeln muss/kann. Die Ursprungsidee des Herrn Planer – warum welche Anlagen wie zu laufen haben – gelangt meist nicht bis zum Herrn Facility Management im Betrieb. Die TU Braunschweig hat einen Prozess entwickelt, der verhindern soll, dass die meist intelligente Intention der Planung einfach so mir nichts, dir nichts auf der Strecke bleibt und am Ende, in der Nutzungsphase, davon gar nichts mehr zu merken ist. Das Beratungs­unternehmen e7 Energie Markt Analyse bringt den Prozess nun nach Österreich. „Dabei ist die Inbetriebnahme eine Schlüsselstelle. Wir haben den Prozess durchleuchtet, wann wer was machen muss, damit ein gut geplantes Gebäude optimal und effizient funktioniert“, kündigt Margot Grim, Gesellschafterin von e7, an und verweist auf konkrete Projekte, bei denen dieser Prozess bereits angewandt wird.

Festnageln statt Wischiwaschi

Und das geht so (zur allgemeinen Verständlichkeit ein wenig vereinfacht ausgedrückt): Der Bauherr muss gefragt werden, was er denn eigentlich haben will. Wie effizient soll das Gebäude sein? Wie gut, welche Qualitäten? Das Ganze muss operationalisiert ­werden. Bestellqualität nennt sich das, und sie soll auch schon für die Betriebsführung festgelegt werden. Es muss vorher schon klar sein, was zu geschehen hat, wenn zum Beispiel Störungen auftreten, wie und wie schnell reagiert werden soll etc. Die begleitende Beratung für diesen Prozess nagelt aber auch die Hausplaner fest. Das Wissen des Haustechnik­planers wird strukturiert aufbereitet, damit seine Planung unmissverständlich für alle künftigen Vertragspartner ist. Dies geschieht zum Beispiel, indem er gezwungen wird, in vorgegebenen Formatvorlagen zu arbeiten.

„Erfahrungs­gemäß braucht es drei Jahre, bis ein ­Gebäude halbwegs ­einreguliert ist.“
Margot Grim, e7 Energie Markt Analyse

Monitoring und Optimierung

Drei Phasen brauche es insgesamt, glaubt Grim, damit Planung und Betrieb endlich Hand in Hand gehen. Zu der in Ansätzen beschriebenen gut aufbereiteten Planung komme zweitens ein brauchbares Monitoring während der Inbetriebnahmephase und drittens eine konsequente Betriebsoptimierung. Für Punkt zwei wurde ein spezielles Tool entwickelt, das Funktionen in der Inbetriebnahmephase überprüfbar macht, die laut Grim bislang nicht überprüfbar waren. Dafür werden eigene „Referenzräume“ definiert, damit Herr Errichter und Herr Facility Manager gemeinsam in dem Tool arbeiten und kontrollieren können, ob alle Gewerke optimiert laufen oder nicht.

So geht es dann in den echten Betrieb. Erfahrungsgemäß brauchen die Branchenkollegen des Herrn Facility Managers etwa drei Jahre, ehe ihr Gebäude halbwegs einreguliert ist und sie die „Tücken des Objekts“ kennen. Beim energie navigator, wie die Software von e7 heißt, wird die Haustechnik auf ihre ­einzelnen Komponenten „zerlegt“, um Fehlstellen lokalisieren zu können. Mit diesen Daten marschiert e7 dann vor der Abnahme zum Herrn Errichter, den sie auf allfällige Mängel hinweisen, und nach der Abnahme wird mit dem Facility Manager in puncto Optimierung der Betriebsabläufe zusammengearbeitet. Fragen der Gewährleistung werden offen ausdiskutiert. Auch für jenen Herrn, der am Anfang der gesamten Kette steht, nämlich den Investor, ist dieser Zugang interessant, weil in der Gewährleistungsfrist schneller Mängel gefunden – und behoben – werden können. Eine „krampfhafte Fehlersuche“, etwa indem der Herr Investor Personen bezahlt, Mängel im Gebäude zu finden, bleibt aus.

Kaum überblickbar sind jene Regeln und Gesetze, die den korrekten Gebäudebetrieb ins Wanken bringen können.

Kaum überblickbar sind jene Regeln und Gesetze, die den korrekten Gebäudebetrieb ins Wanken bringen können.

Der Eigentümer ist immer Verantwortlich

Wenn das Haus einmal steht, kann ja nichts mehr passieren – glaubt man. Der Betrieb einer Immobilie ist diffiziler, als man vermuten möchte. Ein Wirrwarr an Pflichten ist einzuhalten, verantwortlich ist der Eigentümer, ob er will oder nicht. Erstmals gibt es alle Themen dazu zusammengefasst in einem Werk.

„Betreiberpflichten“ lautet das Stichwort, unter dem diverse Regularien zusammengefasst werden, die den Betrieb überhaupt „am Kochen“ halten – sofern man sich an ihnen nicht die Finger verbrennt. Denn es ist schwer, sich einen Überblick über alle diese Pflichten zu verschaffen. Sie gründen auf unterschiedlichen Richtlinien und Gesetzen mit lokaler bis hin zur europäischen Dimension: vom Abfallwirtschaftsgesetz (z. B. muss für größere Gebäude ein eigenes Abfallkonzept vorgelegt werden) über die Kennzeichnungsverordnung (wehe dem, der Beschilderungen vergisst) bis zum ­Arbeitnehmerschutz (im Kunsthistorischen Museum in Wien musste erst unlängst der denkmalgeschützte Kassenbereich umgebaut werden, weil die Sitzhöhe des Verkaufspersonals nicht den arbeitsrechtlichen Vorgaben entsprach – gar nicht leicht, denn die Verkaufstheke mit dem Kassenfensterl durfte nicht verändert werden). Kurz gesagt: alles ziemlich chaotisch, jetzt schon; und die wachsende Zahl gesetzlicher Vorschriften und die Zunahme der Haftungsrisiken vereinfachen das nicht. Ein Lichtblick dabei: ein Werk des Interessenverbandes FMA Facility Management Austria, das zum ersten Mal sämtliche Betreiberpflichten in einem Dokument zusammengefasst hat. Keine 73 Seiten für den Sonntagnachmittag, aber wichtige Lektüre, denn es geht letztlich sogar bis zur persönlichen Haftung der Gebäudeeigentümer und Betreiber. Die Richtlinie kann über die Website www.fma.or.at für 98 Euro bezogen werden, ein paar wichtige Stichworte haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Beispiele
Schneeräumung – Eigentümer haftet
Ein Beispiel, das die umfassende Pflicht des Betreibers (= des Eigentümers) klar macht: Ein Hauseigentümer beauftragt eine Schneeräumfirma. Diese schafft es aber nicht rechtzeitig zum Grundstück und frühmorgens rutscht der erste Spaziergänger aus und verletzt sich schwer. Trotz Beauftragung trifft den Hauseigentümer die Haftung für diesen Unfall – er hat seine Kontrollpflicht nicht erfüllt, wie es die Wegeerhaltungspflicht vorschreibt.

Versicherung – Vorsicht, Klauseln!
Versicherungen decken in aller Regel Schadensfälle ab, sofern diese vom Betreiber nicht grob fahrlässig verursacht wurden. Versicherungen haben heute aber die starke Tendenz, wiederkehrende Selbstüberprüfungen zu verlangen, auch laufende Evaluationen durch Sachverständige – etwa beim Brandschutz. Brennt beispielsweise ein Gebäude ab, und stimmt das Gebaute nicht mit dem Plan überein, kann die Versicherung aussteigen.

Dokumentation – Fatal, wenn sie fehlt
Schon ein Foto mit dem Handy, das zeigt, dass ein Warnschild (zum Beispiel „Vorsicht, Rutschgefahr“) wirklich aufgestellt wurde, reicht großteils für die Dokumentation. Der Aufwand eines Fotos ist gering, das Ergebnis ist – im Falle eines Falles – jedoch unbezahlbar. „Dokumentation ist im Betrieb ein ganz wesentlicher Faktor“, weiß FMA-Vorstand Hardwig Wilfinger, der an der Richtlinie mitgearbeitet hat. Man denke nur daran, wie oft ein Gebäude weiterverkauft wird und dabei einige Dokumentationen im Trubel verschwinden. Auch komme es laut Wilfinger schon mal vor, dass bei Behörden Unterlagen verloren gehen, zum Beispiel bei Gebäuden, die in den Vorkriegszeiten entstanden sind: „Diese Situationen sind aus der Sicht des Betreibers fatal.“

Unfälle – Im Gebäude
Der Hauseigentümer ist für Unfälle in seinem Objekt haftbar – auch für Mitarbeiter (und auch Erfüllungsgehilfen) beauftragter Firmen. Daher braucht es eine ausreichende Gefahrenschutzanalyse, eine umfassende Dokumentation (also einen Nachweis, dass man „eh alles richtig gemacht hat, was notwendig ist“), auch müssen die Gesundheitsschutzdokumente für jeden Mitarbeiter aufliegen und bewertet sein; später ist es sehr wahrscheinlich, dass das Arbeitsinspektorat gerade nach diesen Papieren fragt.

Unterweisungen – Unpragmatisch
Stichwort „An-, Ein- und Unterweisung“: Wenn Mitarbeiter für die seitens des Auftraggebers gestellten Arbeitsaufträge mit ihrer Unterschrift einstehen, ist der Betreiber zumeist (auch bei etwaigen Gerichtsverfahren) auf der „sicheren Seite“. Die groteske Praxis sieht dann so aus: „Damit ein Mitarbeiter auf eine Leiter steigen darf, muss man ihm das erklären, dann auch noch prüfen, ob er das Erklärte ver­standen hat, und zudem die Unterschrift von ihm einfordern – das macht den Praxisbetrieb einigermaßen kompliziert“, pointiert Gerhard Schenk, Geschäftsführer von HSG Zander Austria.

Abnahme, ­Übergabe und Inbetriebnahme – Unterlagen sind Pflicht
Stellen wir uns ein weiteres mögliches Fehler-Szenario vor: Nach Ende der Bauphase gibt es keine (oder nur eine mangelhafte) Dokumentation, auch werden entsprechende Betriebsanleitungen, Sollwerte und Einregelprotokolle einfach nicht übergeben. Betriebsführer und Dienstleister können dann kein optimales Betreiben der Anlagen gewährleisten. So sind nach dem Baustellenkoordinationsgesetz Unterlagen für „spätere Arbeiten“, auch für den laufenden Betrieb zu erstellen. Diese Unterlagen sollen einen Überblick geben und die Handhabe von Schutzeinrichtungen sowie Maßnahmen für einzelne Instandhaltungsarbeiten beziehungsweise Bauteile beschreiben.



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