Megatrends

Was für ein großes Wort, Megatrends. Als ob es universal gültige Formeln gäbe! Egal, hier geht es nicht um lässige Marketingfloskeln, sondern darum, was die Immobilienwirtschaft in den nächsten Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit in ihren Prozessen beeinflussen wird. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und das Schweizer Beratungsunternehmen pom+International haben dazu eine groß angelegte Untersuchung gestartet. Hier die Ergebnisse im Überblick.

STARS

Nachhaltigkeit Eine höhere Umsatzrendite und ein überdurchschnittliches Unternehmenswachstum bescheinigt die Studie jenen Unternehmen, die eine Nachhaltigkeitsstrategie gut umsetzen. Wichtig ist dieser Trend vor allem für Investoren und Facility ­Manager. Asset und Property Manager finden das Thema Nachhaltigkeit weniger spannend, außer wenn es um ein verbessertes Reporting oder innovative Zusammenarbeits-Ideen, wie zum ­Beispiel Contracting, geht. Risiko dieses Trends: Das Baumanagement wird schwieriger. „Das bedeutet, dass Prozesse im Kontext des Managements von nachhaltigen Bauprojekten und die Verarbeitung von nachhaltigen Baustoffen noch nicht effizient laufen“, konstatiert die Studie.

Digitalisierung Excel war gestern. Viele selbstgestrickte ­Lösungen im Asset Management werden nun von einer professionellen Portfolio-Software abgelöst. Unter­nehmen zahlen dafür viel Geld. Die Property Manager hingegen sehen sich hier weniger zum Handeln gezwungen, obwohl es viele innovative Ideen gäbe: Apps zur Übergabe von Mietflächen, Barcode-­Lösungen zum Nachweis von Objektbesichtigungen werden zum ­Beispiel als Tools mit Potenzial genannt. Natürlich gibt es noch viel mehr im ­Bereich der Digitalisierung zu tun – Dinge, die weniger immobilienspezifisch sind: Systemschnittstellen optimieren, Prozesse für den Systembetrieb definieren sowie die Datenqualität verbessern.Spannend: Die Befragung zeigt, dass sich die Digitalisierung positiv auf den ­Akquisitionsprozess auswirkt. Warum? Die Geschwindigkeit im Ankauf­prozess wird erhöht, Marktanalysen gehen im Handumdrehen, Transparenz schützt Investoren auch vor Risiko. Leider steigen mit erhöhtem Digitalisierungsgrad auch die Bewirtschaftungskosten.

NEWCOMER

Demografie Hier werden wieder einmal neue Wohn­konzepte gefordert – vor allem für und zur Integration der älteren Menschen. Offensichtlich gibt es noch ­immer deutlich zu wenig Vielfalt bzw. auch wenige für Investoren interessante ­Varianten. Dieser Bereich spielt allerdings auch in die Arbeitswelt hinein, denn ältere Menschen und auch ­Migranten müssen in Unternehmen integriert werden, Barriere­freiheit ist hier noch die einfachste Hausübung. Städteplanerisch muss reagiert werden, Mischnutzungen und die beim Punkt „Urbanisierung“ erwähnte soziale Durchmischung müssen gefördert werden, auch neue Verteilerzentren für das stetig steigende Online-Shopping müssten mal von der Idee zu einem konkreten gebauten Projekt gebracht werden.

Neue Arbeitswelt Von diesem Trend sind alle in der Immobilienwirtschaft betroffen, auch wenn ihn derzeit nur die Asset Manager ernst nehmen. Die Auswirkungen für die einzelnen Aktuere fasst die Studie folgender­maßen zusammen: „In der Akquise und der Portfolio-Entwicklung sollte der Investor nach der Nutzungsflexibilität und der Möglichkeit zur Implementierung innovativer Arbeitsplatz­modelle bewerten. Der Property Manager sollte sich auf neue Mietmodelle einstellen, beispiels­weise auf die Vermietung einzelner Raumzonen oder Arbeitsplätze, und seine Prozesse und Systeme darauf ausrichten. Der Facility Manager sollte sich wappnen für zukünftige technische Kompetenzen. Die neuen Arbeitsplatzformen benötigen nicht nur entsprechende bauliche und betriebliche Voraussetzungen, sondern auch neue IT-Lösungen.“

MUST DO’S

Zentralisierung Zentralisierung bedeutet hier vor allem, Prozesse zu vereinheitlichen – auch als Reaktion auf die ­Globalisierung der Immobilienwirtschaft. Hier kommt freilich wieder die IT ins Spiel, denn Datenstrukturen müssen vereinheitlicht und die Abläufe in den Tools abgebildet werden. Prozessqualität lautet das Stichwort; administrative und repetitive Abläufe werden gebündelt; bessere und ­effektivere Systeme bringen halt ein wirtschaftlicheres ­Ergebnis am Ende der Bilanz.

Regulierung Hierunter werden hauptsächlich Vorgaben wie die AIFM-Richtlinie, Solvency II etc. verstanden. Dieser Trend trifft daher vor allem die Investment-­Menschen, die dafür ordentlich. Überraschend betroffen zeigen sich davon aber auch Facility ­Manager, denn die Regularien lösen letztlich bei ihnen eine Arbeitslawine aus. Energieausweise müssen erstellt werden, die Arbeitssicherheit steht vor neuen Herausforderungen, technische und bauliche Lösungen müssen gefunden werden, damit die Standards der Finanzwirtschaft erfüllt werden. Positiv hierbei sind natürlich wieder die entstehende hohe Transparenz sowie die not­wendigen pro­fessionellen Prozesse.

QUESTION MARKS

Globalisierung Ein risikoreicher Trend! Die Finanzmärkte kennen keine Grenzen mehr, das Kapital wird immer
volatiler. Positiv dabei: Unternehmen, die diese Kapitalglobalisierung bereits antizipiert und ihre Prozesse darauf eingestellt haben, profitieren – u. a. konnte mehr Volumen angekauft und veräußert werden als erwartet und somit höhere Kapitalisierungs­raten erzielt werden. Dies zeigt ­freilich auch, wie sehr sich ein cleveres Asset Management auszahlt: Es beobachtet den internationalen Kapitalmarkt, analysiert, wohin Investoren gerade ziehen, und reagiert darauf blitzschnell.

Urbanisierung Städte wachsen, Mieten und Kaufpreise steigen, Verkehr und Grundstücke werden zum Problem. Das Land leert sich dafür zusehends. Ziemlich ratlos zeigen sich die befragten Akteure zu diesem Trend. Klar, jene, die Stadtwohnungen bauen und besitzen, wissen, dass sie auf der Welle der Stadtvergrößerungen reiten können. Noch mehr wird diese Entwicklung aber zu einem Problem des Handels. Retail-Mieter gibt es dort, wo genügend Kaufkraft vorhanden ist. Sterben die Konsumenten weg oder ziehen in die Stadt, wird’s am Land eng. Außerdem steht die Stadtplanung vor einer Herausforderung: Städte, die jetzt versäumen, eine ordentliche soziale Durchmischung umzusetzen, werden schnell mit einer Ghettoisierung zu kämpfen haben – egal, ob es sich um Alte, Junge, Migranten, Arme oder Reiche handelt.

Währungskrise Man bangt ein wenig um den Wirtschaftsraum Europas. Die Währungsunsicherheiten „spiegeln sich in einer reduzierten Bereitschaft zur Kreditvergabe, veränderten Investitionsstrategien (zum Beispiel verstärkte Immobilienankäufe in Deutschland) oder auch umfassenderen Leistungen im Transaktionsprozess (zum ­Beispiel Financial Due Diligence).“ Auch hier ist der Handel – und somit Immobilien wie Shoppingcenter, Fachmärkte, Nahversorger und Einzelhändler – besonders stark betroffen. Denn zum einen sind Retail-Assets stark in den in Mitleidenschaft gezogenen Fonds vertreten, zum anderen ist der Handel ja gleichsam ein Barometer der Gesamtwirtschaft. Eine fette Umsatzmiete kann nur bei ordentlichem Konsum erzielt werden. Für dieses Problem scheint allerdings recht viel Hoffnung auf eine Lösung zu bestehen, denn zukünftig – so glauben die Befragten der Studie zumindest – wird es von geringerer Bedeutung sein.

Internationalisierung „In der Immobilienwirtschaft steigt die Anzahl der Unternehmensübernahmen und Fusionen von Unter­nehmen zu internationalen Konzernen. Der Zusam­men­­­schluss der Unternehmen führt zu Veränderungen in der Wettbewerbsstruktur und in der Verteilung der Marktanteile. Gefragt sind daher Marktnischen und Geschäftsmodelle zur Differenzierung.“

Über die Studie
Die Studie wurde am Competence Center Process Management Real Estate (CC PMRE) durchgeführt. Das CC PMRE wurde im Frühjahr 2009 durch die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) und die pom+Group AG gegründet und hat sich zur Aufgabe gesetzt, den Stand und die Auswirkungen des Prozessmanagements in der Immobilienwirtschaft zu analysieren und Handlungsempfehlungen für einen effektiven Einsatz der Prozesse zu geben. Mehr Information zu den einzelnen Themen gibt es unter www.ccpmre.de

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