The world in Austria is too small

Wer am Wachstum globaler Immobilienmärkte teilhaben will, muss über die rot-weiß-roten Grenzen schauen. Hier finden Sie einen Überblick, wo heimische Investment-Papiere punkten und wann internationale Aktien sinnvoller sind.

Direktinvestitionen in Immobilien waren in den letzten paar Jahren in Österreich bekanntlich ein heißes Thema. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: Das niedrige Zinsniveau und der damit verbundene Mangel an attraktiven ­Anlagemöglichkeiten, Sorgen um das wirtschaftliche Umfeld sowie die – wenngleich derzeit unbegründete – Urangst vieler Menschen vor Inflation. So weit, so gut. Argumente gegen Immobilien-Direktinvestments gibt es allerdings auch zur Genüge: Da wäre zum einen das Klumpenrisiko. Umgangen kann dieses nur mit einem entsprechend breit diversi­fizierten Immobilienportfolio werden. Letzteres scheitert jedoch in der Regel am mangelnden Kapital. Damit sind wir auch schon beim wohl ­triftigsten Grund gegen Direktinvestitionen: die hohen Kosten. Neben der Investitions­summe müssen nämlich auch noch Grund­erwerbssteuer und Eintragungs­gebühren geblecht werden.

Immobilieneigentümer kann man auch mit vergleichsweise geringeren ­Beträgen werden. Mit dem Kauf von Aktien sichert man sich einen Anteil an einer Immobilien­­gesellschaft und damit auch an dessen Portfolio. „Auf längere Sicht besteht zwischen den Erträgen von Immobilien­aktien und Immobilien eine hohe ­Korrelation“, erklärt Gilian Tiltman, Managerin des M&G Global Real Estate Securities Fund, einem Aktienfonds, der in Immobilienunternehmen auf der ganzen Welt investiert. Gerade das große Angebot an investierbaren Unternehmen – sie spricht von einem milliardenschweren Anlageuniversum, das sich aus 3.800 Unternehmen in mehr als 60 Ländern zusammensetzt – ist für die Expertin ein großer Vorteil von Aktieninvestments. „Dazu kommt eine transparente Preisfeststellung sowie die Möglichkeit einer kosten­günstigen Liquidierung“, hält sie fest.

Risiken, die mit Immobilienaktien – und Aktien an sich – verbunden sind, können jedoch auch nicht von der Hand gewiesen werden – nachhaltig nach Norden tendierende Aktienkurse sind bekanntlich alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Vielmehr wurden in der Vergangenheit bei Kurskorrekturen Immo­bilienaktien in der Regel noch ­härter abgestraft als der Gesamtmarkt. Als nicht unwesentliche Sicherheits­polster können in diesem Zusammenhang die Dividenden­ausschüttungen vieler Immobilienunternehmen gesehen werden. Für das Jahr 2012 wurden Aktionäre der heimischen Immofinanz etwa mit einer Dividendenrendite von 5,6 Prozent belohnt. Für das laufende Geschäftsjahr stellen Analysten einen Wert von knapp 5 Prozent in Aussicht. Von ähnlichen Erträgen können Anleger, die in die Staatsanleihen sicherer Emittentenländer investiert sind, bestenfalls träumen. Zehn Jahre laufende Deutsche Bundesanleihen rentieren derzeit etwa bei 1,57 Prozent.
Wer sich für Aktien entscheidet, sollte sich auch auf eine Strategie festlegen. An welche Märkte glaubt man? Setzt man auf große Potenziale in den USA, auf Boom-Regionen wie China und ­Indonesien oder auf stabilen heimischen Boden?

Weltweite Marktdaten

Globale Beratungsunternehmen wie Jones Lang LaSalle, CBRE, DTZ bieten meist kostenlose Marktberichte für weltweit verstreute Immobilien­standorte. Unter dem Punkt Research sind sie auch auf den jeweiligen Websites ersichtlich:

www.joneslanglasalle.com
www.cbre.com
www.dtz.com
www.realestate.bnpparibas.com

USA und die WeltEuropäische WerteÖsterreich

Die Globalisierung für sich nutzen

Großes Aufatmen in den USA: Mehr und mehr verdichten sich die Anzeichen, dass der Immobilienmarkt eine Erholung erlebt. Und auch für Immobilienaktien schaue es gut aus: Im bisherigen Jahresverlauf konnten die Performanceindexwerte der vergangenen drei Jahre übertroffen werden. Spricht man von US-Immobilienaktien, dann spricht man streng genommen von REITs (für: „Real Estate Investment Trust“, Anm.). Die Unternehmen unterliegen steuerlichen Vergünstigungen und müssen dafür einige Auflagen erfüllen. Dazu gehört etwa, dass mindestens 90 Prozent der Erträge an die Aktionäre ausgeschüttet werden müssen. „Das unterscheidet REITs auch von Immobilienentwicklern, die stattdessen ihre Gewinne in neue Projekte investieren“, erklärt Patrick Sumner, Head of Global Indirect Property bei Henderson Global Investors.
Die Performance von US-REITs – auch in Europa und anderen Regionen gibt es diese Anlageform mittlerweile – kann sich zumindest in der jüngeren Vergangenheit sehen lassen: Im vergangenen Jahrzehnt konnte der S&P 500 in acht Jahren ­geschlagen werden. Anleger lukrierten eine durchschnittliche jährliche Performance von +12,6 Prozent. Auch für 2013 schaut es nicht schlecht aus: Sumner geht davon aus, dass die Assetklasse am Ende des Jahres eine durchschnittliche Wertentwicklung von rund 12 Prozent verzeichnen wird. In dem Betrag eingerechnet ist die Dividendenrendite von knapp 4 Prozent. Gute Chancen sieht der Experte unter anderem bei Unternehmen, die in den Sektoren Health Care und regionaler Retail tätig sind. „Gut schaut es auch am Büromarkt aus – allerdings nur für Toplagen in New York und den kalifornischen Metropolen.“

Big in Japan – noch immer

Stark gelaufen sind in den vergangenen Wochen japanische Immobilienaktien. „Sie profitieren davon, dass die Regierung derzeit viel Geld in die Hand nimmt, um die Wirtschaft anzukurbeln“, erklärt Gabriela Tinti, Managerin des Immobilienaktienfonds ESPA Stock Asia-Pacific Property. Die Expertin verweist auf die ansehnliche Leerstands­rate von 7,5 Prozent bei Büro- und Retailimmobilien im Raum Tokio. „Japan ist als Wirtschaftsstandort wieder deutlich attraktiver geworden“, so Tinti. Dementsprechend stark ausgeprägt sei auch das Interesse ausländischer Investoren am japanischen Immobilienmarkt. Zu den interessantesten japanischen Immoaktien zählt die Expertin derzeit Mitsubishi Estate und Mitsui Fudosan. Große Stücke hält Tinti auch auf Immobilienaktien aus den asiatischen Schwellenländern. Ein Treiber in Indonesien sei etwa der gewaltige Infrastrukturbedarf. Ganze Ortsteile – also Wohnungen, Büros, Spitäler etc. – würden derzeit aus dem Boden gestampft werden. Auch in Malaysia herrsche rege Bau- und Entwicklungstätigkeit – etwa in den südlichen Landesteilen. Der wichtigste Markt der Region ist für sie jedoch der chinesische, wenngleich dieser durchaus als „komplex“ einzustufen sei. Sie verweist auf eine Reihe von Restriktionen, die Investoren das Leben schwer machen. Im aktuellen, von einer eingeschränkten Verfügbarkeit von Kreditmitteln gekennzeichneten Umfeld bevorzugt sie eher staatsnahe Unternehmen wie China Oversees Land. „Sie sind von der Verschuldung her sehr solide aufgestellt und haben auch kein Problem, Kapital aufzustellen“, sagt sie. „Die aussichtsreichsten Immobilienmärkte in den Emerging Markets lassen sich nicht auf Basis von Wachstumsprognosen der jeweiligen Länder ausmachen. Eine wichtige Rolle spielen auch Elemente wie Liquidität, die Größe der lokalen Investoren-Community sowie das steuerliche Umfeld“, meint Michael Lipsch, Senior Portfolio Manager Sector Funds – Real Estate, bei ING Investment Management. In seinem globalen Immobilienaktien-Universum befinden sich mit Südafrika, Brasilien, Indonesien, Israel, Malaysia und China derzeit sieben Schwellenländer. Im Fokus habe er derzeit die drei größten Länder – allen voran Südafrika. Für das Land am Kap würden die große Anzahl an Immobilienfirmen, die steuerfreundliche REIT-Gesetzgebung sowie die ­Wachstumsaussichten sprechen. Auf der Rechnung hat er etwa den Retail-­Investor Hyprop. „Das Unternehmen hat über die Jahre bewiesen, dass ein hochqualitatives, von Wachstum gekennzeichnetes Portfolio attraktiv für Investoren sein kann“, meint er.

Tradition mit mehr Streuung

Besser als die heimischen Aktien haben sich im bisherigen Jahresverlauf europäische Immobilienwerte geschlagen – zumindest bis Fed-Chef Ben Bernanke im Juni ein Ende der monetären Lockerung – dazu gehört neben der Festsetzung eines extrem niedrigen Zinsniveaus der großangelegte Aufkauf von Staatsanleihen – in Aussicht stellte. Die Folge war ein im Vergleich zum Gesamtmarkt überdurchschnittlicher Abverkauf von Immobilienpapieren. Der Hintergrund: Gerade die Immobilienbranche hat einen hohen Kapitalbedarf, und dementsprechend stark profitiert sie vom Niedrigzinsumfeld. 3-Banken-­Generali-Fondsmanager Rupp spricht jedenfalls von einer „gesunden Korrektur auf ein vernünftiges Preisniveau nach einer deutlichen Überbewertung des Gesamtmarktes“.
Tatsächlich sind zuletzt die Bewertungen vieler europäischer Immobilienwerte ziemlich hoch gelaufen. Dazu gehören vor allem deutsche Wohnimmobilien­gesellschaften wie Deutsche Wohnen und LEG. Dass diese über ihren NAV notieren, ist für Jörn Lange, Analyst für Immobilienaktien bei Raiffeisen Capital Management (RCM), nicht nur ein „seltener Zustand“, sondern „durchaus auch ein Warnsignal“. Vorsichtig stimme ihn auch der Börsegang der Deutsche Annington. Erst nachdem der Ausgabe­kurs herabgesetzt und das Emissionsvolumen drastisch eingeschränkt wurde, konnte dieser Mitte Juli schließlich besiegelt werden. Wieso hatte das Unternehmen so viel Wert darauf gelegt, den Börsegang trotz mauen Interesses durchzuziehen? „Eine mögliche Begründung ist eine pessimistischere Einschätzung der näheren Zukunft durch das Management“, meint Lange.

Retail-Darlings

Weitaus weniger brisant schätzt Lange die Situation bei deutschen Gewerbeimmobilienwerten ein, die ja bekanntlich stark vom wirtschaftlichen Umfeld abhängig sind und dementsprechend in der näheren Vergangenheit nicht gerade zu den Börse-Darlings gehörten. Für sie würden jetzt Erholungstendenzen beim Wirtschaftswachstum sprechen, die auf eine langfristig positive Entwicklung der Unternehmen deuten könnten. Gut gefällt Lange „über den Zyklus hinweg“ der Shoppingcenter-Investor Deutsche Euroshop, der sehr antizyklisch vorgehe. „In Zeiten, in denen sich die Konkurrenz nicht bewegte, hat das Unternehmen sein Portfolio ausgeweitet und die Minderheitsanteile rausgekauft“, erklärt er. Seit der Immobilienmarkt wieder besser laufe, verhalte man sich wiederum eher passiv.

SCS-Besitzer

Auf der Rechnung vieler Analysten ist der französische Shoppingcenter-Spezialist Unibail Rodamco, der mit der Shopping City Süd und dem Donauzentrum auch in Österreich über zwei Objekte verfügt. „Von der Qualität her ist das Unternehmen ganz vorne dabei“, meint Rupp. Positiv hervorzuheben sei vor allem die starke Orientierung am Shareholder Value. Allerdings müsse ein doch recht erheblicher Aufschlag auf den NAV von rund 7 Prozent in Kauf genommen werden. Angesichts des langfristigen Wachstumspotenzials empfiehlt er, erst bei etwaigen Kursrückgängen das Papier zuzukaufen. Für sicherheitsorientierte Anleger sei wiederum Cofinimmo eine Überlegung wert. Das belgische Unternehmen, in dessen Portfolio sich unter anderem Pflegeheime und Büros befinden, punkte mit einer Dividendenrendite von 7 Prozent. Mit British Land und Hammerson gefallen Rupp zudem auch zwei britische Immowerte, wobei vor allem Letzterer „dynamisch“ wirke.

Dahoam is Dahoam

Das folgende Bild ist den Besitzern von heimischen Immobilienaktien wohl bestens bekannt und damit auch das wohl größte Risiko, das mit dem Börsestandort Wien verbunden ist: Der Immobilien-ATX (IATX) – der sich aus CA Immo, ­Conwert, ­Immofinanz, ­S Immo und ­Warimpex zusammensetzt – hinkt den internationalen Vergleichsindizes hinterher. Seit Jahresbeginn steht etwa gegenüber dem europäischen EPRA ein doch recht deutliches Minus von 11 Prozent zu Buche. Martin Rupp, Fondsmanager der 3 Banken-Generali Investmentgesellschaft, sieht dafür eine Reihe von Gründen: Zum einen würden manche Titel eine extrem geringe Handelsliquidität aufweisen. „Das macht sie de facto für große institutionelle Investoren uninteressant“, sagt er. Wenig Freude hätten diese – ebenso wie internationale Investoren an sich – auch mit dem hohen Osteuropa-Exposure der heimischen Immogesellschaften. In ihrem Fokus stünde deshalb eher Deutschland.

Markttreiber fehlen

Ein weiterer Grund für die aktuell besonders maue Performance österreichischer Immobilienaktien ist für Rupp der Mangel an kurzfristigen Markttreibern. Er glaubt etwa nicht, dass der für das Ende des ­dritten Quartals angekündigte Verkauf des Frankfurter Bürohochhauses ­Tower 185 der Aktie der Eigen­tümerin CA Immo großartig auf die Sprünge helfen wird – obwohl das Prestigeobjekt einen Wert von 10 Prozent des gesamten Portfolios hat. Deutlich anders schaue die Geschichte freilich aus, falls auch das 2007 von der CA Immo erworbene Hessen-­Portfolio zur Disposition stehen würde. Dieses sei zwar qualitativ hochwertig und langfristig an das Land Hessen vermietet, weise aber keine besonders attraktive Rendite auf. „Positiv einzuschätzen ist jedenfalls, dass die CA Immo nach der – zu – schnellen Expansionsphase in der Vergangenheit nun eine notwendige Phase der Kostenoptimierung durchläuft“, so Rupp.

BUWOG-IPO kaum denkbar

Die Analysten der Erste Group haben derzeit eine „Akkumulieren“-­Empfehlung für die Aktie der CA Immo ausgesprochen. Etwas positiver sind sie offensichtlich für das Papier der Immofinanz eingestellt, die sie zum Kauf empfehlen. Als möglichen Kurstrigger sehen sie den geplanten Börsegang der Wohnimmobilien-Tochtergesellschaft ­BUWOG in Deutschland. Ob dieser jedoch wirklich stattfinden wird, bleibt jedoch fraglich. Dagegen spricht jedenfalls der mäßig erfolgreiche IPO des Konkurrenten Deutsche Annington im Juli. Experten bezweifeln, ob der Markt für eine weitere Wohnimmobilien­gesellschaft aufnahme­fähig ist, insbesondere wenn die Immofinanz ihre Aktie nahe am Nettovermögens­wert platzieren möchte. Dazu komme, dass sich der „Charme“ der BUWOG erst auf den zweiten Blick erschließe.
Bei der Aktie der S Immo handelt es sich ebenfalls um eine Kauf­empfehlung der Erste Group. Für Analyst Günther Artner punktet das ­Unternehmen mit hoher Profitabilität und einer günstigen Bewertung im Vergleich zu Buchwert und Cashflow, weshalb das gerade laufende Aktienrückkaufprogramm einen positiven Effekt auf die verbliebenen ausstehenden Aktien haben werde. „Wir sehen den Wert als konservativen Dividendentitel, den man auf den aktuellen Niveaus durchaus ins Depot legen sollte“, meint er. Zu den Werten, mit denen sich der Analyst auseinandersetzt, gehört auch Conwert – seine aktuelle Empfehlung: „Akkumulieren“. Das Unternehmen befindet sich derzeit in einer Transformationsphase von einem Immobilienunternehmen mit Schwerpunkt Handel hin zu einem klassischen Bestandshalter. „Dafür muss aber die Kostenstruktur noch deutlich angepasst werden“, so Rupp. Er sieht bis Ende 2014 ein Einsparungspotenzial von 15 bis 20 Millionen Euro. Nachsatz: „Zeigt das Management, dass es zum Sparen bereit ist, dann wird auch der Aktienkurs den horrenden Abschlag auf den NAV deutlich reduzieren.“

Die Sache mit dem NAV

Stichwort: Abschlag auf den NAV. Das wohl größte Argument für österreichische Immobilienaktien ist derzeit mit Sicherheit die Tatsache, dass sie im ­internationalen Vergleich unverschämt günstig sind. Zur Veranschaulichung: die heimischen Immowerte notieren derzeit im Durchschnitt um 50 Prozent unter dem NAV. Will man sich dagegen westeuropäische Titel ins Portfolio legen, so muss man eine Prämie von 3 Prozent – das bedeutet, dass der Aktienkurs über dem Nettovermögenswert notiert – blechen. Für heimische Immobilien­gesellschaften spricht letztlich auch der nicht unwesentliche Faktor Vertrautheit. Dank Medienpräsenz, der Möglichkeit, zu Hauptversammlungen zu gehen, oder einfach der optischen Präsenz der Unternehmen über ihre Objekte und Projekte kennt man seine Pappenheimer einfach besser als internationale Werte. Nicht umsonst empfehlen Experten, die Finger von Investments zu lassen, die man nicht kennt und versteht.

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