Haus ohne Technik

Die Mauern des Objekts 2226 von Baumschlager Eberle sind fast doppelt so dick wie eine aufgeschlagene Doppelseite eines Magazins. Haustechnik gibt es keine. Das macht es zu einem Zukunftsmodell.

Das Bürohaus mit dem Namen 2226 ist aus mehreren Perspektiven interessant. Immobilienwirtschaftlich betrachtet ist es eine Revolution. Das Architektenbüro be baumschlager eberle – das selbst rund 50 Prozent des Gebäudes nützt, der Rest ist fremdvermietet – hat alles vollkommen einfach gehalten und die Haus­technik weggelassen. Woher kommt Wärme? Von den ­Menschen. Und von Computern und der Beleuchtung. Keine Heizkörper, keine Klimaanlage. Funktionieren kann das Ganze, weil die Mauern aus Ziegel 76 cm dick sind und das Gebäude gemeinsam mit den massiven Betondecken träge ­machen. Es heizt sich nicht sofort mit jedem Sonnenstrahl auf bzw. kühlt auch nicht so schnell ab. Außen auf den ­Ziegeln ist eine Schicht gelöschter Kalk, der die Feuchtigkeit aufnimmt und fungizid wirkt. Das war’s. Dämmstoffe, die später mal als Sondermüll entsorgt werden müssen, gibt es ebenso wenig wie eine Klimaanlage.

„Die Facility Manager werden keine Freude damit haben, die haben nichts mehr zu tun.“
Gert Walden, be baumschlager eberle

Das einzig Technische in dem würfelförmigen Ge­bäude ist eine Software, die die Paneele bei den Fenstern steuert. Wird es im Gebäude zu warm, öffnet sie die ­Paneele einen Spalt. Auch in warmen Sommernächten geht sie dazwischen und kühlt das Objekt runter. Das Haus wurde Ende Juli 2013 bezogen und hat somit jetzt einen halben Sommer und einen kompletten Winter hinter sich. Im Komfort gab es bislang keine Einschränkungen. Das Zahlenkürzel 2226, das als Name gewählt wurde, gibt den Temperaturbereich an, der als angenehm empfunden wird: 22 bis 26 Grad Celsius. Ziel des Gebäudes war es, einen Jahresdurchschnitt in diesem Temperatur­bereich zu erreichen und dabei möglichst wenig Energie einzusetzen.

2226: Die Fakten
Standort: in einem Gewerbepark in Lustenau
Nutzfläche: 2.421 Quadratmeter
Bruttogeschoßfläche: 3.201 Quadratmeter
Nutzung: Büro, im Erdgeschoß befinden sich eine Cafeteria und eine Galerie.
Das Gebäude wurde ohne ­Subventionen errichtet.

Der Clou an dem Konzept

Was nicht da ist, braucht nicht bezahlt zu werden, will nicht gewartet werden und kann nicht kaputtgehen. Der Anteil der Haustechnik an den Gesamterrichtungskosten steigt im allgemeinen Trend immer weiter an, bei einem Büro­gebäude sind das gleich mal 20 Prozent der Gesamtkosten. Auch die Wartung fällt weg. „Die Facility Manager werden keine Freude damit haben, die haben nichts mehr zu tun“, meint Gert Walden von der Pressestelle des Architektur­büros. Gute Haustechnik hält 20 Jahre, dann müssen Teile davon ausgetauscht werden, wobei auch schon vorher die Ersatzteilbeschaffung und die Systemkompatibilität zum Problem werden können. „Der Weg zur Nachhaltigkeit über die Haustechnik ist daher nicht so effizient wie über Architektur“, argumentiert Walden. Und was die Architektur mit diesem Ansatz leisten kann, wird auch die CFOs der Geschäftswelt freuen.

Die Errichtungskosten bewegen sich in diesem Fall bei 916 Euro pro Quadratmeter (nach ÖNORM B1801/Absatz 2, 3, 4, also vom Rohbau das Bauwerk, Technik und Ausstattung). Schließlich sind auch die Planungskosten geringer, weil es sich um „simple Wände, ohne Anschlussstellen für Dampfsperren etc.“ handle, so Walden. Und letztendlich wird keine zusätzliche Energie benötigt. Gut für den Unternehmenseinkauf, aber vor allem auch für die Gesellschaft. Gebaute Entschleunigung.

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