Magische 7 – Von der Natur inspiriert

Commod-Haus

1. Fracht­container trifft Holz

Eine ganz andere Art der Huldigung der Natur werden zukünftig „Commod-Haus“-Fertigteilhäuser der Grazer Architekten Michaela Maresch und Gerald Brencic darstellen. Hier dienen Frachtcontainerrahmen als Tragwerk. Boden, Wand, und Decke sind aus Holz, Stroh und Zellulose. Das Praktische daran: Die gesamte Konstruktion ist zu 100 Prozent ökologisch wiederverwertbar. Das Architekten-Duo ist mit diesem Projekt zwar nicht Vorreiter, denn Ähnliches gibt es bereits in England und den Niederlanden, doch es schlägt mit seinen Ideen einen weiteren Weg in diese innovative Richtung ein – die maßgebliche Verbesserung der Wohnqualität. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: begrünte Dächer, vertikale Fassadengärten, die Verwendung von unbehandeltem Holz, Lehm, Hanf und Stroh für den Innenausbau.

2. Mäh! Dämmwolle von Schafen

Seegras, Holzfasern, Kork oder Schilfrohr sind ja allseits bekannte natürliche Dämmstoffe. Darf es zur Abwechslung aber auch mal ein bisschen Schaf sein? Einsetzbar ist Schafwolle als Dämmschutz beim Hausbau nämlich so gut wie überall: Von den Wänden über die Decke zum Dach bis hin zur Außenfassade. Auch für die Dämmung von Kühl-, Klima- und Lüftungsanlagen, ob gegen Wärme oder Schall, ist Schafwolle bestens geeignet. Wem das dann aber doch ein bisschen zu viel Schaf in unmittelbarer Nähe ist, wird sich in Neuseeland und neuerdings auch in Deutschland und der Schweiz wohler fühlen, denn in diesen Ländern werden zur Festigung des Gewebes Polyesterfasern beigemischt. Zwar hat sich diese Dämmweise inzwischen auch in Mitteleuropa etabliert, dennoch liegt der Marktanteil im Dämmstoffmarkt unter 0,5 Prozent und wird aufgrund der doch – im Vergleich zu anderen natürlichen Dämmstoffen – relativ hohen Kosten und der sehr großen Konkurrenz der Textilbranche wohl auch zukünftig kaum 1 Prozent übersteigen.

NexusHaus

3. Haus mit Fischzucht und Basilikum

Das NexusHaus, ein Beitrag zum heurigen US-Solar Decathlon, hat es in sich: Neben allgemein beachtlichem Nachhaltigkeits-Firlefanz versorgt der Bungalow die Bewohner auch mit Wasser, frischen Nahrungsmitteln wie Gemüse und Fisch. Der Hintergrund: In vielen Städten im (heißen) Süden der USA wächst die Bevölkerung rapide, während bezahlbarer Wohnraum knapp wird. In der Not errichtet man dort immer häufiger Häuser auf bebauten Grundstücken – das Prinzip heißt Nachverdichtung. Die zusätzlichen Wohneinheiten setzen allerdings die ohnehin prekäre Strom- und Wasserversorgung vieler amerikanischer Städte unter Druck. Also hat ein Studenten-Team der Technischen Universität München und der University of Texas in Austin an einem Haus getüftelt, das seine Bewohner weitgehend unabhängig von öffentlicher Versorgung macht. Der Mittelraum des Häuschens dient als Klimaregulierung, auf dem Dach ist eine Solaranlage montiert, die eine Spitzenleistung von sieben Kilowatt hat. Der erzeugte Strom wird komplett im Haus genutzt. Die Klimaanlage ist eine Wärmepumpe, die im Winter das nur mäßig warme Wasser auf ein höheres Temperaturniveau hievt. Im Sommer kehrt sie den Prozess um und liefert kaltes Wasser zum Klimatisieren. Und was ist jetzt mit den Fischen? In beiden oben beschriebenen Fällen wird Kondenswasser frei, das nicht, wie etwa bei Klimaanlagen in Autos, einfach in die Umwelt gerät. Ein unterirdischer Tank sammelt dieses Grauwasser, genau wie das Abwasser aus Dusche, Waschmaschine und Waschbecken. Damit sollen Nutzpflanzen bewässert und Fische gezüchtet werden – Urban Farming als serielle Lösung. Das System besteht aus einem Tank, in dem Speisefische schwimmen, und einem Behälter, in dem Pflanzen sprießen. Die Studenten schlagen vor, Rauke, Spinat, Basilikum, Rosmarin, Koriander, Schnittlauch, Bohnen, Tomaten und ­Paprika anzubauen. Das Wasser ist im ständigen Austausch zwischen beiden Behältern, sodass die Pflanzen die Exkremente der Fische als Dünger nutzen, während die Pflanzen das Wasser filtern und so den Lebensraum der Fische erhalten.

4. Lehm als Baustoff

Lehm ist, neben Holz das älteste verwendete Bau­material und zählt auch nach über 9.000 Jahren noch, neben Kalk und Zement, zu den wichtigsten mineralischen Baustoffen. Ein perfekter Lebenslauf also – und kein Ende in Sicht! Denn: Hatte die Nachfrage zu Beginn des letzten Jahrhunderts schon ein wenig nachgelassen, fand Lehm als Baustoff bereits ab den 1980ern, in Hinsicht auf die vorherrschende Umweltproblematik, erneut großen Anklang. Lehmverputzte Häuser besitzen eine feuchtigkeitsregulierende Eigenschaft, das heißt, sie nehmen bis zu 300 Prozent an Luftfeuchtigkeit auf, speichern diese und geben sie bei zu trockener Luft wieder frei. Durch diesen Ausgleich ist ganzjährig nahezu gleichbleibende Luftfeuchtigkeit gewährleistet. Mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung lebt heutzutage in derartigen Häusern. Einer, der sich seit mittlerweile 30 Jahren den Begriffen Lehm, Ton und Erde verschrieben hat, stammt übrigens aus Österreich: Martin Rauch hat sich mit diesbezüglichen Projekten weit über die österreichischen Grenzen hinaus einen Namen gemacht.

Dach Lotus-Effekt

5. Das innovative Dach

Ruß, Moos, Algen, Schmutzpartikel, Fettablagerungen. All das sind Probleme, mit denen ein Dachziegel tagtäglich zu kämpfen hat. Welche Beschaffenheit, welche Eigenschaft muss das ideale Dach erfüllen? Wilhelm Barthlott ist Ent­decker des sogenannten Lotus-Effektes. Der Gedanke dabei ist einfach nachzuvollziehen: Wassertropfen landen auf dem Blatt der Lotusblüte, rutschen auf der Oberfläche ab und nehmen, dank einer bestimmten Mikrostruktur auf der Blattoberfläche, Schmutzpartikel mit sich. Genau diesen Selbstreinigungsprozess schaute sich die Baustoffindustrie von Mutter Natur ab. Gewisse anfängliche Zweifel wurden schnell laut. Mit Überschwemmungen müsse gar gerechnet werden, würde das Wasser auf derartigen Dächern doch wesentlich schneller ablaufen, Regenrinnen würden überlastet. Auch von den extremen Temperaturschwankungen, den durch unterschiedliche Umwelteinflüsse bedingten chemischen Reaktionen, hartnäckigen Verschmutzungen und anderem, dem ein Dach jährlich ausgesetzt ist, war die Rede. Also doch nicht alles so einfach? Entgegen allen Zweifeln hat sich das Prinzip dennoch bewährt und das erste selbstreinigende Tondach hat sich unter dem Namen Erlus Lotus in den letzten zehn Jahren einen guten Ruf gesichert.

6. Infrarot-Heizung

Bei jedem Bauprojekt stößt man früher oder ­später unweigerlich auf die Frage der Heizart. Holz? Öl? Gas? Kohle? Wie wäre es einmal mit einer Alternative zu den üblichen Heizungstechniken: Die Infrarot-­Heizung ist kostengünstig, vielfältig einsetzbar und innovativ. Charmant ist das Ganze freilich auch, weil sie leicht an zugigen oder kalten Stellen im Altbau montiert werden kann. Ob als Standheizung, Wandheizung, Heizstrahler oder als Fußbodenheizung, ob als vollwertige Heizung oder als Ergänzung zu einem bestehenden Heizsystem, flexibel sind die Dinger allemal. Verhältnismäßig günstig ist auch der Anschaffungspreis. In Verbindung mit Ökostrom stellt diese Methode zudem auch noch die umweltfreundlichste Art der Beheizung dar. Gleich dem Prinzip der Sonne wird zudem nicht „unnötig“ geheizt. Trifft die Wärmestrahlung auf einen Körper, wird sie von diesem sogleich absorbiert und, in Wärme umgewandelt, im Raum verteilt. Optisch stehen sie sehr im Hintergrund – sind also als Heizkörper gar nicht wahrnehmbar. So sind sie getarnt als Spiegelheizung, Heizkugel, Glasheizung oder gar Bildheizung.

Strasse aus Pflanzen

7. Mittig und grün

Zuerst kommen sie mit Energieausweisen daher und jetzt das! Straßen aus Pflanzen? Geht das wirklich? Kurzantwort: Ja, natürlich. Langantwort: Wissenschaftler arbeiten daran, das aus Rohöl gewonnene Bitumen auf pflanzlicher Basis herzustellen, wie die American Chemical Society auf einem Kongress nun bekannt gab. Das sogenannte Lignin wird dem Asphalt beigemengt. Je nachdem, wie viel man davon reinmischt, umso „härter“ oder „weicher“ wird die Viskosität der Straße. So kann für die Großglocknerstraße eine andere optimale Mischung gefunden werden als für die Küstenkurven in Sardinien. Aber nicht nur Pflanzliches soll in die neuen Straßen kommen, ein anderer Bestandteil ist Hightech. Die Wissenschaftler sehen dadurch die Möglichkeit der Kommunikation zwischen Straße und Fahrzeugen, was einiges an Fantasie erweckt: Fahrzeugführung, Lademöglichkeiten, Sicherheit durch die Vermittlung der aktuellen Straßenbedingungen … Die ersten Teststrecken mit dem Pflanzenasphalt sollen in den USA und in Holland gebaut werden. Übrigens schlägt man mit der Lignin-Idee gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Stoff fällt nämlich eigentlich bei der Papierproduktion aus Holz an und wurde bislang zur Energiegewinnung verbrannt.



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