Wir brauchen eine Betriebskostenbremse!

TREND Betriebskostenbremse

In diesem Gastkommentar erklärt Mikis Waschl, warum wir Gebäude rückwärts denken sollten und welche Auswirkungen das auf die Umwelt und die Digitalisierung hätte. Außerdem denkt er über einen Ausweg aus dem Fachkräftemangel nach.

Während andernorts in der Debatte rund um Ökologisierung, sozialgerechte Maßnahmen und Steuern über eine Miet­kostenbremse gesprochen wird, wäre eine nachhaltige und zielgerichtete Option der öffentlichen Hand das Evaluieren einer Betriebskostenbremse. Mietobergrenzen bringen Vorteile für Mieter und Nachteile für Eigentümer. Von den Betriebskosten hat niemand etwas. Aber da setzt kaum jemand an – wieso? Sind sie doch ein Hebel mit großer, im Neubau wohl sogar der ­größten Wirkung.

Schwarzer Peter

Auch wenn die Bau- und Immobilienwirtschaft im Lebenszyklus weiterhin unter ­vielen Brüchen zwischen den Phasen Planung, Bau und Betrieb leidet, ist in einem Bereich die Durchgängigkeit gegeben: Die Probleme aus Planung und Bau kommen immer im Betrieb (und damit in den Betriebskosten) an. Der Betrieb bekommt den Schwarzen Peter, er muss sich mit Aufgabenstellungen ärgern, die in den vorangehenden Phasen nicht gelöst oder behandelt wurden und in der Betriebs­phase selbst nicht mehr (wirtschaftlich) zu lösen sind. Ohnehin ist der Betrieb bereits jene Phase, die im Lebenszyklus bis zu sieben Mal höhere Kosten verursacht als die Errichtungsphase. Ein Bürogebäude mit 10 Millionen Euro ­Errichtungskosten ver­ursacht also bis zu 70 Millionen Euro Folgekosten im Lebenszyklus. Eine Betriebs­kostenbremse würde einen längst überfälligen, konsequenten Wandel im Mindset bedingen: Verbindliche, messbare Vorgaben für den Betrieb würden bereits auf die Errichtungsphase gewünschte Wirkungen haben. Wenn Gebäude rückwärts gedacht werden würden, könnten leicht die größten Kosten und Lasten identifiziert werden, und der größte Brocken ist eben der Betrieb.

ÜBER DEN GASTAUTOR

Mikis Waschl ermöglicht mit seinem Anfang der 2000er gegründeten Unternehmen (caFM engineering GmbH & media management GmbH) die Digitalisierung des Asset-, Facility- und Property Managements. Er ist Vorstand der International Facility Management Association in Österreich und Vortragender bzw. Trainer in verschiedenen Einrichtungen für die Erwachsenenbildung.

CO2: Auch die Bauphase ist entscheidend

In Zeiten von ESG, Green Deal und steigen­dem Kostendruck darf es nicht mehr bequem sein, den Betrieb in den frühen Planungs- und Errichtungsphasen halbherzig zu berücksichtigen, Baukosten oder Design hingegen zu priorisieren. Freilich, die CO2-Lasten werden häufig vor allem mit dem Heiz- und Kühlbedarf in der Betriebs­phase assoziiert. Das stimmt auch, aber wir vergessen gerne, dass mit eingesetzten Baustoffen bereits so viel CO2 in Gebäuden verbaut oder durch deren Verwertung am Ende des Lebenszyklus verursacht wird, dass die in der Betriebsphase entstandenen Emissionen nur bedingt primär zu sehen sind. Es fehlt an Transparenz!
Ein gesteigerter Kostendruck ­würde zudem zu einem Innovationsdruck in der Gebäudebewirtschaftung führen. Erbrachte Dienstleistungen richten sich heute nicht ­

immer nach dem dynamischen Bedarf (Krankenstände, ­Umwelteinflüsse oder Nutzungsintensitäten haben kaum Einfluss auf abgerufene Leistun­gen wie Reinigung, Wartung etc.), sondern nach statischen Intervallen der Leistungs­­­­­­erbringung. Die Auswirkungen ­höherer oder niedrigerer Servicequali­tät auf den ­Instandhaltungsstau und den Abnutzungs­vorrat (und somit auf den Wert) der Immobilie sind heute ob der fehlenden Datengrundlagen nicht transparent und werden oft erst Jahre ­später sichtbar. Wir begnügen uns mit Halbweis­heiten wie „der Schaden bleibt lange, nachdem die Freude über ­günstige ­Preise vergangen ist“, anstatt dass wir mit fundierten Daten arbeiten, die die Amortisa­tion vermeintlich höherer Kosten belegen. Die Verfügbarkeit von struk­tu­rierten Daten, deren Auswertbarkeit und Belastbarkeit sind das einzige Mittel, um in der Bau- und ­Immobilienwirtschaft ­Kostenwahrheit über alle Lebenszyklus­phasen zu erzeugen.

CO2: Auch die Bauphase ist entscheidend

In Zeiten von ESG, Green Deal und steigen­dem Kostendruck darf es nicht mehr bequem sein, den Betrieb in den frühen Planungs- und Errichtungsphasen halbherzig zu berücksichtigen, Baukosten oder Design hingegen zu priorisieren. Freilich, die CO2-Lasten werden häufig vor allem mit dem Heiz- und Kühlbedarf in der Betriebs­phase assoziiert. Das stimmt auch, aber wir vergessen gerne, dass mit eingesetzten Baustoffen bereits so viel CO2 in Gebäuden verbaut oder durch deren Verwertung am Ende des Lebenszyklus verursacht wird, dass die in der Betriebsphase entstandenen Emissionen nur bedingt primär zu sehen sind. Es fehlt an Transparenz!
Ein gesteigerter Kostendruck ­würde zudem zu einem Innovationsdruck in der Gebäudebewirtschaftung führen. ­Erbrachte Dienstleistungen richten sich heute nicht immer nach dem dynamischen Bedarf (Krankenstände, ­Umwelteinflüsse oder Nutzungsintensitäten haben kaum Einfluss auf abgerufene Leistun­gen wie Reinigung, Wartung etc.), sondern nach statischen Intervallen der Leistungs­­­­­­erbringung. Die Auswirkungen ­höherer oder niedrigerer Servicequali­tät auf den ­Instandhaltungsstau und den Abnutzungs­vorrat (und somit auf den Wert) der Immobilie sind heute ob der fehlenden Datengrundlagen nicht transparent und werden oft erst Jahre ­später sichtbar. Wir begnügen uns mit Halbweis­heiten wie „der Schaden bleibt lange, nachdem die Freude über ­günstige ­Preise vergangen ist“, anstatt dass wir mit fundierten Daten arbeiten, die die Amortisa­tion vermeintlich höherer Kosten belegen. Die Verfügbarkeit von struk­tu­rierten Daten, deren Auswertbarkeit und Belastbarkeit sind das einzige Mittel, um in der Bau- und ­Immobilienwirtschaft ­Kostenwahrheit über alle Lebenszyklus­phasen zu erzeugen.

Digitalisierung als Imagefaktor

Das kann gefallen oder nicht. Die digitale Transformation ist aber Fakt und wir ­müssen uns intensiv mit ihr ­beschäftigen. Wer glaubt, sie delegieren zu können, wartet am Bahnhof auf Schiffe. Neben den ohne Zweifel zu erwartenden weitreichen­den Optimierungen durch erfolgreich ­realisierte digitale Transformation entstehen auf dieser Basis zahlreiche Nutzen­effekte und Potenziale: Transparenz, Innovation, neue Geschäftsmodelle und ein aufpoliertes Image einer wohl konstanten Wachstums­branche. Was ein weiteres Problem, nämlich das des ­Nachwuchses, mit lösen könnte. Wir müssen junge Talente für unsere Branche begeistern und die Erfahrenen und Etablierten davon überzeugen, dass die Digitalisierung kein Lifestyle-Trend ist, sondern eine ­Chance, generationengerechte Immobilien zu ­entwickeln.
Fazit: Nicht nachhaltig gedachte Immobilien sind ein weit größeres Umweltproblem als Autos im Individualverkehr – da sollte die Politik ansetzen. Nur über die Digitalisierung kann hier Transparenz geschaffen werden. Ein digitalisierter Lebenszyklus ermöglicht den Nachweis über die Erfüllung von Nachhaltigkeitsanforderungen, er schafft Kostenwahrheit, Transparenz, die Basis für Innovation und macht somit die Branche für clevere Köpfe attraktiv, die ein Recht auf ein gerechtes Generationen­erbe und auf eine intakte Erde haben. Und eine Betriebskostenbremse ­bekommen sie ganz von alleine dazu.