So geht Gewerbeimmobilie

TREND Produktive Stadt

Im Süden von Wien findet man bald alle Arten ­moderner ­Gewerbe- und Logistik­immobilien an einem Standort. Der City Park Vienna ist ein Vorzeige­beispiel für das ­Konzept der produktiven Stadt.

Die Wirtschaft verändert sich. Die Stadt muss sich anpassen. Wien bekennt sich zur Dienstleistung, aber auch klar zur Produktion als ein Baustein einer funktionierenden Stadt. Insgesamt lässt sich rund ein Drittel der Wertschöpfung der Bundeshauptstadt, rund 23,5 Milliarden Euro, auf den produzierenden Bereich zurückführen. Die Stadt hat daher ein eigenes Fachkonzept namens „Produktive Stadt“ entwickelt. Darin sind u. a. ­Prozesse und Maßnahmen zur entsprechenden Stadt­entwicklung und auch konkrete Zonen für Betriebsgebiete definiert. ­Aktuell sind 5 Prozent der Fläche Wiens für „Produktion“ vorgesehen, wobei man dabei nicht an Schlote und Schwermetall denken darf, sondern an ziemlich varian­ten­reiches ­wissens- und technologie­basiertes ­Gewerbe – das aber eben nicht nur Büros braucht, sondern Platz zum Reparieren, Lagerflächen, Schauräume, Großhandelsflächen, Zufahrtsmöglichkeiten, Werkstätten, Labors – bzw. eine Mischung aus alledem. Diese ­neuartigen Produktions­flächen lassen sich gut mit anderen Nutzungen mischen, das ist sogar genau das Ziel. Büro, Handel, ­Pro­duktion, Wohnen, Freizeit: gemischt genutzte ­Areale mit kurzen Wegen.

Die eingemieteten Firmen sind so vielfältig, wie die Wirtschaft eben ist. ABF Pharmaceutical Services etwa ist ein internationaler Dienstleister für Verpackung und Etikettierung von Medikamenten und deren Lagerung und Versendung.

Am besten wird diese Zukunft jetzt schon im 23. Wiener Gemeindebezirk erlebbar. 2020 hat der internationale Investor ­Nuveen ein 11 Hektar großes Grundstück gekauft – die ehemaligen ­Novartisgründe. Das Areal wurde lange Zeit von dem Pharma­konzern zur Forschung, Produktion und Entwicklung genutzt. Lange davor wurde es im Krieg sogar als Schlachtfeld genutzt. Dass die Fläche kontaminiert ist, ist kein Geheimnis, die Flächenwidmung will hier auch dezidiert Industrie haben – obwohl die bereits neu gebauten Gebäude jetzt schon so ganz und gar ­keinen Industrie-Charme vermitteln. Auf einem Teil ­befindet sich ein Verteilerzentrum der Österreichischen Post – okay, das schaut halt so aus, wie so ein Verteilerzentrum eben ist: viele Andockstationen, lange Halle. Aber auf einem zweiten Teil stehen sogenannte Light-Industrial-Immobilien: ein moderner Gewerbepark mit Lager­hallen und hochflexiblen Flächen für Büros, Schauräume, Labors etc. „Auf diesen Flächen findet richtige Wertschöpfung statt, und zwar innerhalb der ­Stadtgrenze“, erklärt Roman Löbsch, Fund Manager Österreich bei ­Nuveen Real Estate. Die aktuellen Mieter zeigen die Bandbreite des modernen Gewerbes. ABF Pharmaceutical Services erbringt pharmazeuti­schen Dienstleistungen und nutzt den Standort als Lager, Labor und Büro. KFZ Zeiler ist eine Werkstätte für Elektrofahrzeuge, AV-Professional verleiht Film- und Eventtechnik, APEX Technology ist exklusiver Vertragspartner für Samsung. Der Hartl Elektro-Fachgroßhandel zählt ebenso schon zu den Mietern, neu hinzu kommen in den nächsten Wochen ein weiteres Forschungs- und Entwicklungsunternehmen samt Produktion und eine Firma aus dem Baunebengewerbe. Sie wird neben Lager, Reparatur, Büro und Verwaltung auch Schulungsräume und ein Fitnesscenter für die Mitarbeiter auf ihrer Mietfläche einrichten.
Die Logik der von diesen Firmen genutzten Räume ist immer ähnlich: 900 Quadrat­meter Lagerfläche (so richtig, wie man sie heutzutage braucht: 6,5 ­Meter hoch, fünf Tonnen Tragfähigkeit pro Quadrat­meter, direkt anlieferbar über Andocksta­­tio­nen) werden von 220 bis zu 1.000 Qua­dratmeter flexibler Fläche mit „normalen“ Räumen ergänzt. So kommt maximale Flexibilität zustande.

Zertifizierte Nachhaltigkeit

Die Vermietung läuft prächtig, seitdem man die Flächen nicht mehr als schlichte „Logistikfläche“ inseriert. Sie läuft sogar so gut, dass dieses Raumkombinations-­konzept um 16 Einheiten erweitert wird. Das ist ein Teil des Ausbaus des Areals, das zwischen Friedhof, Militärfahrzeug­­­­­­­pro­duktion, anderen Gewerbebauten und Wohn­häusern liegt. „Wir nehmen bei dieser Entwicklung besondere Rücksicht auf die Integration des Umfelds“, unterstreicht Roman Löbsch.
Dass Umwelt und soziale Nachhaltigkeit keine reinen Lippenbekenntnisse sind, beweist ein DGNB-Gold-Zertifikat. Für die neue Gesamtentwicklung sei ­sogar eines mit Platin-Status angestrebt. Dafür verantwortlich sind unter anderem Photo­voltaikanlagen mit einer Fläche wie 1,5 Fußballfelder, die Begrünung am Dach würde umgerechnet auf 3,5 Fußballfelder kommen. 1.000 Bäume werden gepflanzt. Zum Vergleich: Der „Baumschleier“ im Rudolf-Bednar-Park hat nicht einmal 300. Brut- und Nistkästen sind fast selbstverständlich, mit gleich mehreren Busstationen rund um das Grundstück ist das Areal ans öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen, pro Unternehmen soll es mindestens zwei Stellplätze mit einer E-Lade­station geben. Der 24/7 mögliche Betrieb der Immobilien kommt schon jetzt ohne fossile Energieträger aus. Außerdem handelt es sich um ein sogenanntes Brownfield Development, eine Brachfläche, auf der Gebäude stehen bzw. standen – also keine Flächen-Neuverschwendung.

Endlich City-Logistik!

Aber irgendetwas fehlt doch noch, um alle Spielarten der Gewerbe- und Logistik­immobilien an einem Fleck zu haben? Natürlich, das ganz Große, die Big Box. Das sind die Hallen mit 10,5 ­Metern Höhe, da passt richtig viel rein. Sie dienen als Zentrallager, von dem aus dann die einzelnen Standorte in der Stadt ­beliefert werden. So eine kommt auch hierher, wenn im 2. Quartal 2022 alles auf ­einmal zu bauen begonnen wird. Ein Jahr später soll dann schon alles fertig sein. 40.000 Quadrat­meter Bruttogeschossfläche entstehen, rund 700 dauerhafte Arbeitsplätze ebenso. Und genau das ist der Knackpunkt: Statt seelenloser, hässlicher Industrie­bauten ist die produktive Stadt ein vernünftiger Kompromiss, bei der die Wertschöpfung zuhause bleibt. 

LOGISTIKMARKT

Schon vor der Covid-Pandemie zeichnete sich ab, dass der Anstieg der ­Warenlieferungen nach Hause dramatisch zunehmen würde – Stichwort E-Commerce. Hinzu kam nun der stärkere lokale Lagerbedarf. Plus: Die Art und Weise, wie der Handel und die Lieferketten funktionieren, ändern sich gerade enorm. Das alles machte die ehemals unter professionellen Immobilieninvestoren verschmähten Logistikobjekte zu neuen Shootingstars. Zugleich wurden alte Lagerhallen auch zusehends durch neue, moderne Gebäude ersetzt. 2020 kauften Investoren um 38,64 Milliarden Euro Logistik­immobilien in Europa.

Die eingemieteten Firmen sind so vielfältig, wie die Wirtschaft eben ist. ABF Pharmaceutical Services etwa ist ein internationaler Dienstleister für Verpackung und Etikettierung von Medikamenten und deren Lagerung und Versendung.

Österreich spielt im ­europäischen Kontext kaum eine Rolle. 5,4 Millionen Quadratmeter Logistik­fläche gibt es in den drei Hauptstandorten rund um Wien, Linz und Graz. Der Leerstand liegt bei nur 1,6 Prozent, weiß man bei CBRE. 500 Millionen Euro flossen in die heimischen ­Logistikimmobilien letztes Jahr als Investment.
Während die meisten bei Logistik von großen Lagermög­lichkeiten sprechen, ist die ­Unterkategorie „Light Industrial“ noch stark ­unterentwickelt. Sie ist für die moderne Gewerbe­industrie essenziell und braucht sehr unterschiedliche Kombinationen von Flächen (siehe Haupttext).