„Lernt vielleicht erst ein Handwerk!“

TREND APPS UND CO.

Alexander Molitor ist 44 Jahre alt und liebt Wandern und Klettern. Zu studieren hat er erst mit 35 begonnen, fünf Jahre lang berufsbegleitend an der FH Kufstein. Jetzt macht er auch noch den „Fachingenieur Ausbau“ an der Hochschule Augsburg, da geht es um alles ab der Rohbau- Phase (mit Ausnahme Fassade).

Sie stehen Apps und PropTechs recht skeptisch gegenüber. Warum?
Alexander Molitor: Alle Unternehmen wollen eine App, und kaum einer fragt nach dem Sinn. Welchen Mehrwert hat sie, was kann sie den Nutzern bieten? Dass ich über sie einen Schaden melden kann oder mit der Hausverwaltung chatten – das finde ich zu wenig. Viele sind zudem auch noch schlecht gemacht, so dass sie die Leute gar nicht verwenden wollen. Oft liegt die Lösung ja ganz woanders. In München bekomme ich sechs Anwälte in 15 ­Minuten, aber Handwerker gibt es keine. Was bringt mir da ein Preisvergleichsportal?

Was raten Sie den Unternehmen?
Ohne Strategie macht es keinen Sinn. Sie sollten sich ernsthaft fragen, auf welchen modernen Medien sie ­warum ­vertreten sein wollen und müssen und was sie dazu brauchen.

Das klingt recht pessimistisch, sehen Sie den PropTech-Trend überbewertet?
Es gibt Bereiche, wo Daten und ­Technologie stark sind. In der Bewertung verlasse ich mich lieber auf eine schnelle Ungefähr-­Auskunft, die von ordentlichen Daten gestützt ist, als auf einen Makler, der keine Ahnung hat. Ich brauche auch keinen 28-seiti­gen Bericht mit Inhalten, die mich nicht interessieren, ich will ja nur einen plausiblen Wert zur Orientierung.

Daten, das neue Gold?
Schauen Sie sich nur das hochgelobte ­Building Integration Model, BIM, an und wie weit wir da wirklich sind. Wir haben eine wahnsinnig kleinteilige Bauwirtschaft, alle verwenden unterschiedliche Programme, der Wissensstand über BIM ist unterschiedlich, die Aufträge werden x-fach versubt, Datenbanken sind nicht kompatibel und spätestens bei der Übergabe zum FM-Dienstleister ist Schluss. Das ist die Praxis, die ich jeden Tag sehe. Da glänzt wenig nach Gold.


Alexander Molitor

Alexander Molitor hat an der FH Kufstein Tirol die Digitalisierung thematisiert. Titel seiner Arbeit: „Heilmittel Mieter-App? Anbieter, Chancen und Risiken – Störfaktor Mieter“.

Was kommt in den nächsten
Jahren auf uns zu?

Immobilien sind ja derzeit ein wahnsinnig spannendes Thema. Die Herausforderung wird sein, gute Leute zu finden, weil es einfach zu wenige gibt und viele in den nächsten drei Jahren in Pension gehen werden. Mit ihnen auch ihr Wissen. Wir brauchen alles, vom Hausmeister über die Team-Assistenz, vom Techniker bis zum Asset Manager und natürlich Handwerker – das ist ein Beruf, der nicht so schlecht ist, wie man glaubt, und man verdient als Meister auch ordentlich. Überhaupt möchte ich sagen: Liebe Leute, lernt vielleicht erst ein Handwerk, und studiert danach. Die Kombi aus Praxis und Theorie ist unschlagbar.