Mehr als man muss

TREND Unternehmensarchitektur

Früher baute man einfach ein möglichst kostengünstiges Gebäude. Das reicht heute nicht mehr, zumindest für jene Unternehmen, die mittels Architektur und Interieur ihre Standpunkte und Werte kommunizieren wollen. Die Zahnarztpraxis etwa, die zeigt, dass ein Besuch auch Spaß machen kann, oder die Firmenzentrale, die das Gebäude der Öffentlichkeit zugänglich macht und die ein entsprechend wohliges Umfeld braucht, um die richtigen Mitarbeiter zu bekommen.

Bühne statt Hochhaus

In dem spiralförmig ausgesparten Raum befindet sich eine Treppe sowie eine komplette Bühne.

Man hätte auch den hundertsten Wolkenkratzer hinstellen können, und niemandem in der chinesischen Fünf-Millionen-Metropole Shaoxing wäre es aufgefallen. Das Architekturbüro A-TAH hat gesagt: Nein, ein Zentrum soll ein Zentrum sein, und das gilt auch für das zu entwerfende China Textile Center. Also plante und baute man mitten in der Stadt eine Art Campus, Eyecatcher ist der Heli-Stage-Turm, der durch seinen Twist Außen- und Innenraum geschickt verbindet und in der so entstehenden Öffnung eine eigene Bühne für Präsentationen und Kulturevents hat. Erst dahinter, zwischen den eckigen Türmen, erstreckt sich das Textil-Cluster mit B2B-Handelsflächen, unterirdischem Einkaufszentrum etc. Das Konzept wurde mit dem Architecture Masterprize ausgezeichnet.

Halali!

Da sind manche mit ihrem Jägerlatein am Ende, wenn sie das Waffen- und Jagdausrüstungsgeschäft Wertgarner in der Wiener Schottenfeldgasse beschreiben sollen. Eher sieht es aus wie eine Designerbude für modischen Firlefanz denn wie ein Traditionsgeschäft, das die Familie seit sechs Generationen betreibt. Obwohl BEHF das Design bereits vor 11 Jahren entworfen hat, ist es nach wie vor frisch außergewöhnlich und setzt das Geschäftsmodell auf 87 Quadratmetern perfekt in zeitgemäße Szene.

Hotel oder Zahnarzt?

Die komplette Kinderzahnarztpraxis ist „spacig“ designt, der Gang hat den „Warp-Effekt“.

„Zahnarztangst ade“ heißt es bei der Zahnarztpraxis KU64 in Berlin. Wie soll das gehen? Durch ein herzliches Empfangsteam, viele erfahrene Ärzte und ein Prophylaxeteam, die alle sieben Tage die Woche verfügbar sind, und Räumlichkeiten, die so gar nichts mit dem Klischee eines Zahnarztes zu tun haben. Wenn man die Praxisräume sieht, nimmt man denen schon ab, dass sie ihre Philosophie („Wir vom Team der Zahnarztpraxis KU64 in Berlin möchten alles dafür tun, damit Sie sich als Patient bei uns so wohlfühlen, dass Sie beinahe vergessen, in einer Zahnarztpraxis zu sein.“) tatsächlich umsetzen.
www.ku64.de

Zeig das Produkt!

Ein Unternehmen, das Körbe produziert, hat sich 1997 in Newark, Ohio, ein Headquarter gebaut. 32 Millionen US-Dollar soll es gekostet haben. Naja, immerhin machte die Longaberger Company bis zu einer Milliarde US-Dollar Umsatz. Leider starb der Firmeninhaber, Dave Longaberger, 1999, und damit begann das Ende der Kult-Firma, was uns auch zu dem vielleicht heikelsten Punkt von so speziellen Immobilien bringt. Die Nachnutzung eines solchen Korbhauses ist ausgesprochen diffizil.

Verpixeltes Rapsfeld

Lass die Wand sprechen: Allein die Farbgestaltung kann Logistikhallen erträglich machen.

Eine Halle ist eine Halle ist eine Halle. Stimmt, aber deswegen muss sie ja nicht komplett hässlich aussehen. In einer 9.000 Quadratmeter großen Kombination aus Gewerbehalle und Bürogebäude der Firma Bayer werden Rapssamen aus ganz Europa verlesen und für den Weitertransport vorbereitet. Daher hat das Wand- und Fassadengestaltungsunternehmen Strauss & Hillegaart für die Halle das Motiv des blühenden Raps genommen, verpixelt und die Fassade der Halle damit verschönert. Es bleibt eine Halle – aber eine schönere.

Axel-Springer-Neubau

Eine phänomenale Fassade und innovative Konzepte – das neue Gebäude des Axel Springer Verlags in Berlin ist in vielerlei Hinsicht vorbildlich. Die Mitarbeiter erwarten Co-Working-Zonen, Kochmöglichkeiten in einer Art Wohnküche, Duschen mit Ausblick über Berlin u. v. m. Der Baustart war im Oktober 2016, die Eröffnung des Axel-Springer-Neubaus, der auf über 52.000 Quadratmetern Raum für 3.500 Mitarbeiter bieten wird, ist für das Frühjahr 2020 vorgesehen. Die Immobilie wurde bereits vor zwei Jahren an die Norges Bank Real Estate Management, eine Gesellschaft des norwegischen Staatsfonds, verkauft. Viel Content zu dem Bau und zu der neuen Arbeitswelt findet sich auf der Website www.axelspringer-neubau.de.