Hart, aber herzlich

Stahl als Baustoff ist unverwüstlich, weiß man. Mit ihm können Architekten abgefahrene Entwürfe realisieren und er kann zu 100 Prozent wiederverwendet werden. Österreich ist in dem Sektor weltspitze.

Gut, dass es Monaco gibt. Dort lernen Formel-1-Piloten, sich auf die Strecke zu besinnen. Das brauchen sie auch, damit sie beim Grand Prix von Abu Dhabi auf Kurs bleiben, denn der heimliche Star des Rennens in der Retortenstadt ist das in die Rennstrecke integrierte „Yas Marina“-­Hotel. Der Komplex wird von einem 16.000 Quadratmeter großen gekrümmten freitragenden Dach überspannt, gefertigt und geplant von dem österreichischen Unternehmen Waagner-Biro – somit sind wir zumindest irgendwie auch in der Formel 1 dabei. Mehr noch als die im Kreis fahrenden Piloten muss das Gebäude in der Wüste aushalten: Sandstürmen, Erdbeben und Temperaturschwankungen von bis zu 50 Grad muss es trotzen. Das Besondere an der Architektur ist die sogenannte „Gridshell“. Diese hochmoderne Stahlkonstruktion umspannt die zwei elliptischen Baukörper. Die Hülle besteht aus einer kuppelartigen Konstruktion aus Stahl mit fast 6.000 sechseckigen Glasflächen.

„Stahlbau ist nachhaltig, weil wir den Baustoff zu 99 Prozent recyceln können.“
Thomas Beer, Stahlbauverband

Rechnen und tüfteln

Vom Autorennen zu einer Kleinstadt mitten in Wien: 25.000 Studenten tummeln sich im Schnitt auf dem Campus der Wirtschaftsuniversität Wien. Das dort stehende Library & Learning Center (kurz: LC) wird den Tragwerksplanern in Erinnerung bleiben. Die gewaltige Auskragung von 25 Metern, geplant von Architektin Zaha Hadid, verlangte intensive Über­legungen. Lothar Heinrich, Vasko+Partner, tüftelte gemeinsam mit den Experten der Unger Steel Group einige Wochen an der idealen Lösung. Um das Objekt gut zu fundieren, wurde eine bis zu 3,5 Meter dicke Stahlbetonplatte auf 12 Meter lange und 60 Zentimeter dicke Pfähle gelegt und so sicher im Boden verankert.

Ein nächtliches Spektakel

Das Kniffligste an dem LC war jedoch die Konstruktion der Auskragung selbst, mit Hilfe eines freitragenden Stahlfachwerks, genannt Canyonträger, wodurch der Baukörper auf 17 Meter Höhe scheinbar schwebt. Das Dach als Stahlkonstruk­tion ruht auf diesem Canyonträger. Acht Teile mit einem Einzelgewicht von bis zu 60 Tonnen wurden in luftiger Höhe montiert. Das war ein nächtliches Spektakel, denn die riesigen Stahlträger wurden mit Sondertransportern geliefert und mit einem 800 Tonnen schweren Raupenkran eingehoben. Heinrich verfolgte den Ablauf mit Herzklopfen, erzählt er heute.

Was bringt Stahlbau?
Stahlkonstruktionen eignen sich für besondere Architekturentwürfe, für filigrane Konstruktionen, Dachausbauten, Objekte mit massiven Belastungen, Brücken- und Gewerbebauten. Die Vorteile sind die enorme Festigkeit, kurze Bauzeiten durch Vorfertigung, flexible Nachnutzungsmöglichkeiten und hohe Recyclingfähigkeit, hohe Werthaltigkeit und lange Lebensdauer.Auch in der Sanierung gewinnen leichte Stahl­bau­konstruktionen an Bedeutung – denn damit können teure ­Erneuerungen der Trag­struktur vermieden werden. Stahlbaukonstruktionen werden international auch zunehmend im Wohnbau eingesetzt. Die Architekten Lacaton & Vassal planten etwa ein Wohnhaus, das an Gewächshäuser oder an Lager- und Industriebauten erinnert. Eine einfache Stahlkonstruktion ermöglicht hier ein besonders kostengünstiges, rasches Bauen – und leistbaren Wohnraum.

Nachhaltigkeit als Argument

Nochmals Szenenwechsel, diesmal zum Kicken. Auch der FC Bayern München setzt nämlich auf Stahlbau und Know-how aus Österreich. Die neue Tribüne sowie die Flutlichter des neuen Nachwuchsleistungszentrums in München wurden in nur 65 Tagen errichtet. Auf rund 5.950 Quadrat­meter Fläche wurden 445 Tonnen Stahl von der Unger Steel Group verbaut. Das burgenländische Familien­unternehmen, das 1952 als Schlossereibetrieb begann, hat seine Finger auch im jüngsten Umbau des oberösterreichischen Shoppingcenters Plus City Pasching im Spiel. Dort zeichnet es für die Errichtung der Stahlkonstruktion für die vier Fußgeherbrücken, einer Straßenbahnstation, einer Vorfassadenkonstruktion im Bereich des Kinos und einer einzigartigen Mall-Anlage verantwortlich. Österreichs Architekten sind laut der Unger Steel Group in vielen Belangen weltweit führend und so auch im Stahlbau äußerst innovativ und fortschrittlich, „wie viele unserer nationalen Referenzprojekte vom Hauptbahnhof Wien über die Neue Mitte Lehen in Salzburg und die Galzigbahn in St. Anton bis hin zur neuen ÖAMTC-Zentrale neben der Wiener Südosttangente eindrucksvoll beweisen“, so Matthias Unger. Die Unger Steel Group pflegt einen sehr engen Kontakt zu Architekten und Planern, um sich gegenseitig auszutauschen und so gemeinsam vom jeweiligen Know-how zu profitieren. Stahl kann so hart sein. Aber durch seine Flexibilität und Nachnutzungsmöglichkeiten lässt er so manches Herz auch höher schlagen. Stichwort Nachhaltigkeit: In Salzburg wurde beispielsweise ein Parkhaus abgebaut und an einem anderen Ort wieder 1:1 aufgebaut. Eine Vielzahl an ausgezeichneten Projekten gibt es jeweils beim alle zwei Jahre stattfindenden Award im Rahmen des Stahlbautages zu bestaunen: Der nächste Stahlbaupreis wird am 9. Juni in Graz verliehen.

 

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