Gebäude­sicherheit im Häfn

Winfried Ratz hat sehr spezielle Gebäude auf ihre Schwächen und Risiken untersucht: Gefängnisse.

Betreiberverantwortung, das heißt bei Immobilien normalerweise, dass sich der Eigentümer darum kümmern muss, dass keine Äste von den Bäumen auf Menschen donnern, dass der Brandschutz im Ge­bäude up to date ist oder die Haustechnik korrekt gewartet wird. Betreiberverantwortung ist ein komplexes Thema und umfasst viele Dinge. Und jetzt muss man sich vorstellen, was da in einem Gefängnis alles noch dazukommt!

Über die Arbeit
Winfried Ratz hatte vor seiner Masterthesis an der Donau-Universität Krems noch nie etwas mit Gefängnissen zu tun. Auch nicht als Sicherheitsfachkraft, aber genau der unbefangene Blickwinkel eines Außenstehenden brachte Erkenntnisse zur Verbesserung der Sicherheit in den Justizanstalten. In einem weiteren Schritt will Ratz nun in einer Dissertation die Untersuchung auf alle Gefängnisse in Österreich ausdehnen. Für seine Masterthesis erhielt er den Ausbildungspreis der FMA und IFMA Austria.

Rein in die Realität

Winfried Ratz hat sich das angeschaut. Genauer gesagt, hat er sich für ­seine Masterthesis aufgemacht und sich die ­Justizanstalten Krems-Stein und Graz-Karlau angesehen. Persönlich, immer mit einem ­Justizwachebeamten in Begleitung. Bis er wirklich die Gefängnisse betreten konnte und sie aus der Perspektive einer Sicherheitsfachkraft und eines Facility Managers analysieren konnte, waren drei Monate intensive Vorbereitung mit dem Ministerium notwendig. Nach vier Tagen in jedem der beiden Gefängnisse konnte Ratz bereits eines feststellen: Die beiden Anstalten unterscheiden sich deutlich. In dem Gefängnis in Graz sei ein Ausbruch unmöglich, meint Ratz. ­Während in ­Krems-Stein – das mit rund 800 „Plätzen“ größte Gefängnis Österreichs – noch über Wachtürme beobachtet wird, braucht es diese in Graz gar nicht mehr. Die Vorfeld­sicherung sei so genial, von der Hauptmauer sind es noch etwa drei Meter Zwischenraum bis zu einer Mauer mit NATO-Drahtrolle, der neben herkömm­lichen Alarmanlagen noch mittels Video überwacht wird und in den Induktionsschleifen integriert sind. In der ­Justiz­anstalt Graz-Karlau fanden seit 1995 drei Fluchtversuche statt, kein Inhaftierter schaffte es in die Freiheit.
Ratz stellte aber auch Unter­schiede im Umgang mit Lieferanten fest. In den Haftanstalten gibt es ja zahlreiche Möglichkeiten zu arbeiten. Das dient den Häftlingen nicht allein zur Beschäftigung und Ablenkung, sondern auch zur Resoziali­sierung. Und logisch: Die Küche braucht Lebensmittel und Messer, die Tischlerei benötigt Werkzeug, Holz und Nägel, Maschinen etc. Für die Insassen gilt zudem auch das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, und der Bund schaut penibel darauf, dass es eingehalten wird, denn er will nicht von einem Häftling verklagt werden. Ratz meint, der Arbeitnehmerschutz würde hier besser als in manchen Betrieben in der Privatwirtschaft umgesetzt.

Zu wenig Personal

Und wie wird mit dem Werkzeug umgegangen, es könnte ja als Waffe oder für einen Ausbruch verwendet werden? Das kann nicht über bauliche Maßnahmen gelöst werden, sondern muss organisatorisch Abbildung finden. Ebenso muss kontrolliert werden, was die Lieferanten alles ins Gefängnis bringen. Ratz sieht es als Sicherheitslücke, dass diese Personen in einer Haftanstalt nicht komplett gescannt werden. Zwar seien die Anstalten alles in allem sehr sicher, die Sicherheits- und Alarmpläne seien sehr durchdacht, und auch der Brandschutz und das Vorbeugen von Unfällen seien vorbildhaft. Dennoch fand der Sicherheitsexperte insgesamt 15 Gefahren bzw. Risiken oder auch Schwächen, die nun verbessert werden können. „Natürlich ist auch die chronische personelle Unterbesetzung in den Anstalten ein Thema“, gibt Ratz zu bedenken. „Ich war aber überrascht, wie toll der Arbeits­ablauf im Alltag in den Werk­stätten funktioniert und auch wie freundlich die Häftlinge waren!“

Gefängniserkenntnisse – Das steht in der Masterthesis
Für das Betreiben einer Strafvollzugsanstalt gelten sehr viele gesetzliche Bestimmungen, wie das Strafvollzugsgesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz und das Arbeit­nehmerInnenschutzgesetz. Die Wechselwirkung aus der Betreiberverantwortung und dem Arbeitsschutz in Verbindung mit dem Facility Management verlangt große Anstrengungen, damit ein risikoarmer und reibungsloser Ablauf und die Verwahrungssicherheit aller Inhaftierten gewährleistet werden können. Hierzu wurde von Winfried Ratz ein Konzept zur systematischen Ermittlung, Risikobewertung, Priorisierung und Verfolgung der Anforderungen und passenden Maßnahmen entwickelt. Anhand der Erkenntnisse aus den Begehungen und Befragungen verschiedener Strafvollzugsanstalten werden Stärken und Schwächen analysiert, bewertet und zusammengefasst. Danach wurden alle identifizierten Gefahren und Risiken über das Risikomanagement behandelt, um präventive, angemessene, praktikable und akzeptable Lösungen zu finden.

 

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