Das Dienstleistungs-Dilemma
Wie kann denn das sein? Wenn Unternehmen ihre immobilienspezifischen Dienstleistungen auslagern, kommt es viel zu häufig zu Ärger – und zwar auf der Seite des Unternehmens, also des Auftraggebers, als auch beim Auftragnehmer. Warum ist das so und wie kann man es ändern? Hier meine kurze Analyse zu dem Problem, Verbesserungsvorschlag inklusive. Bei einem Großobjekt, dessen einzukaufende Dienstleistungen über einen FM-Consulter ausgeschrieben werden, treffen schon drei verschiedene Interessen aufeinander. Der Auftraggeber muss seinen Bedarf definieren. Will er werterhaltende Maßnahmen für das Gebäude oder einfach kostenminimierend dahinbrausen und dem Wert des Objekts keine Aufmerksamkeit schenken? In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation gilt in vielen Fällen der Billigstbieter auch gleichzeitig als der Bestbieter.
Aber da sollte ihn doch der Consulter, der ihm die Ausschreibung macht, beraten. Das zu beratende Unternehmen will aber a) auch den Berater möglichst billig einkaufen und b) muss er teilweise knallharte (je nach Branche des Auftraggebers) vorgegebene Konzernvertragsbedingungen anwenden. Zum Beispiel, wenn es um die Haftung geht. Da schreibt ihm der Auftraggeber vor, dass der Auftragnehmer bisweilen sogar unbeschränkt haften muss. Das muss man sich einmal überlegen: Diese Haftungen bewegen sich in Dimensionen in der Höhe von mehreren Jahresumsätzen der einzelnen Anbieter. Weiters soll es schon vorgekommen sein, dass die Consulter angehalten werden, nur die allernotwendigsten Unterlagen beizustellen. Den Zutritt zu diesen „Datenräumen“ erhält der Anbieter aber erst, wenn davor die Erklärung zur uneingeschränkten Haftung abgegeben wurde. Angenommen, der Anbieter überwindet all diese Hürden und der Preis wird verhandelt. Bei den Preis-/Qualitätsvorstellungen der Auftraggeber muss er sich rasch die Frage beantworten, wie er mit den extremen Nachlässen den geringen Deckungsbeitrag überhaupt noch absichern kann. Und im Auftragsfall: Wie lange steht ihm das für die Abwicklung notwendige Fachpersonal zur Verfügung? Die Wahrheit ist, dass die Bedingungen in vielen Fällen ruinös sind, irgendein Mitbewerber aber Kampfpreise (unter den Eigenkosten) abgibt, um den Auftrag – aus umsatzrettenden Gründen – zu bekommen. Der Markt wird verfälscht.
Dies führt zu einer Situation, die niemanden glücklich macht. Der Auftraggeber ärgert sich über die schlechte Leistung der Anbieter (jedoch im Bewusstsein, dass er seine Vorgaben gegenüber dem Consulter gemacht hat), die Dienstleister ringen mit einem Auftrag, der gerade noch den erforderlichen Deckungsbeitrag abwirft (die Zeiten der üppigen Zusatzaufträge zur Auffettung des Deckungsbeitrags sind längst vorbei). Die Consulter sind davon überzeugt, alles Erforderliche getan zu haben und auf alle Unwägbarkeiten hingewiesen zu haben.
Eine der Möglichkeiten, dieses Szenario zu vermeiden, ist die gemeinsame Erarbeitung eines Mindestkriterienkatalogs durch die Consulter und die operativen FM-Dienstleister. Darin sind nicht nur die Mindestkriterien enthalten, sondern auch qualitative Festlegungen, wie zum Beispiel die gedeckelte Höhe der Haftung in entsprechender Relation zum Auftragsvolumen oder die verpflichtende Beibringung der auftragsrelevanten Dokumentation (Pläne, Bescheide, Anlagenlisten etc.). Die Idee dahinter ist, diesen Katalog bzw. Leitfaden nicht nur für den Inhalt des Leistungsverzeichnisses anzuwenden, sondern auch für die Erbringung der Leistung und in weiterer Folge für den Ablauf der qualitätsgesicherten Betriebsführung. Mit der Anwendung dieses Werkzeugs durch den Auftraggeber kann in Zukunft auch eine objektspezifische Zertifizierung für die qualitätsgesicherte Betriebsführung erlangt werden. Erste diesbezügliche Ansätze gibt es bereits bei unseren Nachbarländern. Conclusio: Nur wenn der Auftraggeber Qualität in die Angebotsunterlagen legt, wird er auch Qualität in der Leistung ernten.